Der Leopard und die Krim

Oder wie Deutschland half,
den Ukraine-Krieg zu eskalieren …

Autorenpapier Karl-W. Koch (Stand 25.1.2023, ergänzt am 27.01.: „Baerbock, Kriegserklärung an Russland“)

Vorbemerkung: Scheinbar ist in der derzeitigen politischen Diskussion in Deutschland ist offenkundig Schweigen Trumpf.

  • Befürchtungen vor konkret drohenden Entwicklungen dürfen nicht geäußert werden, ohne gleich in die Ecke „furchtsamer Feigling, der dem Massenmörder Putin freie Hand bei seinen Untat lässt“ gestellt zu werden.
  • Forderungen nach diplomatischen Lösungswegen werden mit den Totschlagargumenten „Die Ukraine entscheidet allein, wann sie verhandelt“ und „bei Waffenstillstand rüstet Putin doch nur nach“ niedergeknüppelt.
  • Ein möglicher Einsatz von Atomwaffen durch Putin darf nicht thematisiert werden, weil – wenn die Drohung bei uns Dummen, Unbedarften verfängt, dann werde Putin/Russland in weitere Staaten einmarschieren und das könne auch andere Staaten zu Eroberungen animieren.
    Ein Atomwaffeneinsatz wird vielmehr von den selben „Fachleuten“ völlig ausgeschlossen (weil „Putin doch wohl nicht so irrational reagieren wird“), die auch am 23. Februar vergangenen Jahres felsenfest der Überzeugung waren, dass Putin nicht irrational sein würde, die Ukraine anzugreifen.

Es wird Zeit, das Schweigen zu beenden!

Also werfen wir einen Blick auf den kommenden Einsatz der geforderten Offensivwaffen, die demnächst in die Ukraine geliefert werden:

  1. Kampfpanzer vom Typ Leopard 2, Challenger 2, und Abrams aus den USA: Schon ab ca. 300 Stück wird laut militärischen Fachleuten ein Einsatz deutliche Wirkung zeigen. Die ukrainische Regierung versichert, diese „nur“ zur Verteidigung einzusetzen. Gleichzeitig ist aber mittlerweile die Doktrin „aller besetzter Gebiete“, also auch der Krim und des Donbas so oft zitiert und wiederholt worden, auch von höchster Stelle, dass jeder wissen muss, was das militärische Ziel der ukrainischen Regierung ist. Russland wird den Angriff auf die Krim als einen „Angriff auf Russland“ empfinden und deklarieren und mit entsprechenden Gegenschlägen antworten.
  2. Ein Angriff auf Russland wird seitens der ukrainischen Regierung völlig ausgeschlossen und die Absicht dazu absolut verneint. Nur – wer definiert an dieser Stelle „Russland“? Putin? Dann wäre die Rückeroberung der Krim (mittlerweile unabdingbares erklärtes Kriegsziel der Ukraine) „ein Angriff auf Russland“. Oder Selensky? Dann können wir beruhigt weiter schlafen …
  3. Die bisherigen Entwicklung zeigte, dass nach jedem Stattgeben einer Forderung nach Waffensystemen, eine neue Forderungen nach „schärferen“ Waffensystemen folgte. Waren es zunächst nur reine Defensivwaffen, verschob sich dies in den letzten Monaten eindeutig hin zu Offensivwaffen:

Waffenlieferungen (u.a. aus Deutschland) in die Ukraine

(Vollständige Liste für deutsche Lieferungen: HIER, die Einstufung „Defensiv“ und „Angriffswaffen“ erfolgte durch den Verfasser anhand der Verwendungskriterien und Definitionen aus politischen Veröffentlichungen) – Auszüge der Liste:

Defensiv: 50 Allschutz-Transport-Fahrzeug (ATF) Dingo
Defensiv: 900 Panzerfaust 3 mit insgesamt 3.000 Patronen
Defensiv: 500 Flugabwehrraketen Stinger
Angriffswaffen: Panzerhaubitze 2000, 56 km Reichweite
Defensiv: 30 Gepard-Flak-Panzer
Defensiv: Flugabwehrsystem Iris-T SLM
Angriffswaffen: 40 Schützenpanzer Marder
Angriffswaffen: 50 Schützenpanzer vom Typ M2-A2 Bradley (USA)
Angriffswaffen: 18 Paladin-Panzerhaubitzen im Kaliber 155 Millimeter (USA), 350 km Reichweite

  1. Es stellt sich die Frage, wie geht es weiter? Die Rufe nach schweren Kampfpanzern war so unüberhörbar penetrant, dass ihnen jetzt stattgegeben werden wurde. Die FDP-Frontfrau Marie-Agnes Strack-Zimmermann formuliert in Interviews schon fast die Koalitionsfrage, wenn sie – direkt nach dem neuerlichen Zögern von Scholz „… der Überzeugung (ist), dass Deutschland auch Panzer vom Typ Marder und Leopard 2 liefern solle.“ Polen darf liefern, die deutsche Regierung erteilt die Exportgenehmigung … und liefert selbst. Großbritannien prescht mit Challenger 2 vor, während die USA sich mit Abrams schwertun. Warum wohl? Immerhin – von der SPD als Erfolg gefeiert – liefern sie jetzt auch.
    Fast ebenso penetrant wird die Lieferung von Kampfbombern, namentlich die von russischen MIG 29 gefordert. Rumänien und die Slowakei wollen liefern, die USA sperren sich hier gegen Lieferungen.

Angriffswaffen: ??? Kampfpanzer Leopard 2, Challenger 2, Abrams
Angriffswaffen: ??? Kampfbomber MIG 29, Tornados, F35 …

Was sind die nächsten Eskalationsstufen?

Am Tag der Lieferzusagen wurde vom Außenminister Kuleba bereits die „nächste Stufe gezündet: Er fordert die Lieferung von modernen Kampfjets, nämlich (Zitat) „… mit F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, Rafale und Gripen-Jets – und allem, was ihr der Ukraine liefern könnt“. (Zitiert nach https://exxpress.at). In Deutschland wurde bisher nur über das Geschrei des altbekannten Lautsprechers und „schnell mehr schwere Waffen“-Krakeler Melnyk in dieser Richtung berichtet, seinerseits immerhin stellvertretenden Außenminister.

Interessant auch der ebenfalls in dem oben zitierten exxpress.at-Artikel zitierte  Kanzleichef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak: “Wir werden alles haben, alles für die Rückeroberung unserer Gebiete und für die Gegenoffensive” . Also ERST Rückeroberung und DANN Gegenoffensive? Oder ein schlichter „Freud’scher Versprecher? Genauso wie die „Kriegserklärung“ von Außenministerin Baerbock an Russland?

Wozu werden die Panzer gebraucht?

GERMAN-FOREIGN-POLICY.com, Informationen zur deutschen Außenpolitik: „Gebraucht werden die Kampfpanzer in hoher Stückzahl einem US-Medienbericht zufolge für eine ukrainische Frühjahrsoffensive, die Militärs aus der Ukraine und den Vereinigten Staaten in diesen Tagen planen. Die Lieferung der dafür nötigen Waffen soll in Ramstein geregelt werden. Washington erklärt sich dem Bericht zufolge nun zur Genehmigung eines umfassenderen Beschusses der Krim bereit. Warnungen, damit könne man Russlands rote Linien überschreiten und eine weitere Kriegseskalation, womöglich gar einen Nuklearangriff auslösen, werden abgewiesen. In der Vergangenheit überschritt der Westen mehrmals Russlands rote Linien – mit dramatischen Folgen. Ein etwaiger Nuklearangriff träfe dabei laut aktuellem Stand Europa, nicht die USA.

Die Biden-Administration ist offenkundig gewillt, grünes Licht für Attacken in einem größeren Maßstab als zuvor zu geben. Bei einer Offensive soll zunächst das Gebiet Saporischschja zurückerobern. Das würde den russischen Nachschub auf die Krim massiv verkomplizieren, aber auch das 6-Block-AKW zusätzlich gefährden, s.a. https://gruene-linke.de/2023/01/13/der-brandgefaehrliche-russische-energiekrieg-gegen-die-ukraine/.

Warum zögerten die USA?

Zwei Punkte dürfte die Zögerlichkeit der US-Regierung und auch der deutschen Regierung begründen:

  1. Mit der Lieferung (vor allem von „schweren Offensiv-) Waffen wird einen „Grauzone“ erreicht, die von Russland/Putin ggfls. auch in seinem Sinn interpretiert werden kann und mit dieser Interpretation weitere Schritte Putins begründbar würde.
    Noch gefährlicher ist nach Aussage des Wissenschaftlichen Dienstes (WD) des Bundestages die nötige, unumgängliche Einweisung ukrainischer Soldaten an diesen Waffensystem. Diese sind im Fall von BW-Haubitzen bereits in Deutschland (Idar-Oberstein) erfolgt und wäre bei Leopard 2 z.B. zumindest in Polen unumgänglich, aber auch für die anderen westlichen Panzer unumgänglich. Dazu der WD laut des zitierten Bochumer Völkerrechtlers Pierre Thielbörger: „Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“
    der MIG 29 kommentiert Thielbörger: „Bei der Lieferung von Kampfjets stellen sich aber im Unterschied zur Lieferung panzerbrechender Waffen massive logistische Fragen. Denkbar wäre entweder, dass Nato-Soldaten die Jets in die Ukraine fliegen. Das wäre eine enorme Eskalation gewesen. Die andere Option wäre, dass ukrainische Soldaten die Flugzeuge in ihr Land bringen. Das an sich wäre rechtlich unproblematisch. Es hätte aber eines Nato-Flughafens bedurft, von dem aus die Jets gestartet wären. Und damit wären die Grenzen zwischen Transport und Eingriff in den Konflikt deutlich poröser geworden. Davor sind die USA aus guten Gründen zurückgeschreckt.“
    DAS erklärt vielleicht auch, warum die USA keine Einwände gegen die Lieferung von schweren Kampfpanzern durch Deutschland oder Großbritannien haben, selbst aber bisher keine liefern wollten. Und auch, warum Scholz mit Bauernschläue eben darauf (gleichzeitige Lieferung schwerer Panzer aus den USA) besteht.
  2. Die Haltung der ukrainischen Regierung, namentlich von Selensky, der mittlerweile jegliche Verhandlungen VOR der Rückeroberung der Krim und des Donbas ablehnt. Mit den geforderten Waffensystem rückt das in den real umsetzbaren Bereich, ohne wäre es aussichtslos. Wie jedoch reagiert Russland/Putin im Fall einer Eroberungen der Krim und des Donbas? Welche Eskalation wäre darauf die „passende“ Antwort?

Die US-Administration kalkuliert: Ein etwaiger russischer Nuklearangriff im Ukraine-Krieg würde zunächst Europa treffen. Den USA droht wesentlich weniger Gefahr, da hier im Fall einer russischen Reaktion ein sofortiger Gegenschlag droht. Ähnlich läuft bereits der jetzt schon laufende westliche Wirtschaftskrieg gegen Russland inklusive der Energiesanktionen, was vor allem die Länder Europas belastet, kaum jedoch die Vereinigten Staaten. Dies erklärt, weshalb Washington energischer an der Eskalationsschraube dreht als Berlin. (https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9137)

Wo liegen die Gefahren?

… bei einem uneingeschränkten „Weiter-so“ inklusive der Aufwärtsspirale bzgl. der „Schwere“, sprich Offensivfähigkeit der Waffensysteme.

Die Gefahren liegen in einer Ausweitung des Krieges durch Angriffe Russlands auf Unterstützer, z.B. auf Flughäfen in Polen, von denen MIG 29 starten, Bahnhöfe, auf denen Leopard-Panzer verladen werden oder Schulungskasernen, wo ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Zumindest aus russischer Sicht wären das „legitime“ Kriegsziele, da von “hier“ in den Krieg gegen Russland eingegriffen wird.

Die mögliche Folge – über die Wahrscheinlichkeit dafür lässt sich nur spekulieren – wäre eine deutliche Eskalation bis hin zu einem großen Atomkrieg, dem 3. Weltkrieg. Dazu muss noch nicht einmal der Anlass der Einsatz einer Atombombe sein, auf den die USA  dann „komplette russische Armee vernichtet“. Die Schwelle ist niedriger. Putin/Russland, wird bei einer drohenden oder erst recht bei einer laufenden, erfolgreichen Rückeroberung der Krim und/oder des Donbas den Krieg eskalieren. Möglichkeiten dazu hat er viele, auch unterhalb der Ebene des Atomwaffeneinsatzes (s.a. HIER). Aber auch die letzte Stufe ist bei Putin nicht auszuschließen, wenn eine vernichtende Niederlage droht … Wenn die USA drohen „bei einem Atomwaffeneinsatz … die russische Armee mit konventionelle Waffen völlig zu vernichten“ wird Putin keine andere Wahl haben, als einen atomaren Gegenschlag auszulösen.

Alternativ kann es zu einem dauerhaften Abnutzungskrieg kommen, den dann die Ukraine aufgrund der wesentlich größeren Reserven an Soldaten wie Material und Munition von Russland nur verlieren kann.

Alternativen?

… sind nur Verhandlungen und ein (UN-unterstützter und überwachter) Waffenstillstand. Verhandeln müssen die Mächte, die den weiteren Verlauf entscheiden: Ukraine, Russland UND USA. (s.a. Friedensappell)

 Selbst der Außenpolitikexperte Henry Kissinger – als erklärter Gegner der russischen Politik bekannt – dafür aktuell plädiert, von einer weiteren Eskalation abzusehen und stattdessen zu Gesprächen über einen Waffenstillstand überzugehen.

(Weitere Infos aus Sicht eines Militär-Experten (Erich Vad, Ex-Brigade-General. Von 2006 bis 2013 war er der militärpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel) bietet die . Zeitschrift Emma: https://www.emma.de/artikel/erich-vad-was-sind-die-kriegsziele-340045)

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4 Kommentare

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    • Peter Alberts auf 25. Januar 2023 bei 16:57
    • Antworten

    Das Budapester Memorandum gibt es, das wurde von der Russischen Föderation und der Ukraine unterzeichnet, und das ist die völkerrechtlich gültige Grundlage der russisch-ukrainischen Grenze. Das ist keine Unterstellung, das ist einfach eine Tatsache. An dieser Tatsache hat Putin mit seinen Angriffskriegen 2014 und 2022 gerüttelt. Auch das ist keine Unterstellung, sondern Tatsache. Das ist die sachliche Diskussion, die Du angeblich haben willst, davon muss mensch ausgehen.
    Wie Putin die Frage, wo Russland aufhört, beantwortet, wissen wir aus diversen Reden und Veröffentlichungen von Putin und seinem faschistischen spiritus rector Dugin. Russland ist demnach gleichbedeutend mit der „slawischen Welt“, etwas verkürzt gesagt: mit dem ehemaligen „Ostblock“. Die Frage ist also auch beantwortet, aber sie ist irrelevant, weil sie außerhalb von Russland niemand so beantwortet. Sich in die mögliche Motivation des Aggressors hineinzudenken, kann vielleicht aus taktischer Sicht ganz interessant sein, aber damit gewinnt Putins Aggression doch keine Legitimität und muss immer noch als genau das, was sie ist, bezeichnet werden: verbrecherischer, imperialistischer Angriffskrieg.

    Diese Diktatur (in Russland) wird früher oder später zusammenbrechen. Da sind wir uns einig. Ich glaube, ein militärischer Sieg der Ukraine wird sie früher als später zusammenbrachen lassen. Das finde ich ein vernünftiges und auch moralisch gebotenes Ziel.

    Die Chancen auf einen Friedensschluss, der die Ukraine zu aktzeptablen Bedingungen überleben lässt, stehen ebenfalls nach einer militärischen Niederlage Russlands deutlich besser als vorher.

    In Deinem „Worst Case“ gehst Du dann zudem davon aus, dass der russische Expansionsdrang nach einer Eroberung der Ukraine gesättigt wäre. Wir wissen, dass das nicht so ist, wir wissen, dass Moldova und das Baltikum mindestens die nächsten Ziele wären, in einem weiteren Schritt dann vermutlich auch Polen, etc. Auch dazu gibt es unzählige Reden und Veröffentlichungen von Putin selbst, alle ernstzunehmenden Fachleute (die nun gerade nicht in der Emma publizieren) sagen das unisono. Es droht eben keinesfalls nur Eskalation, wenn man weitere Waffen an die Ukraine liefert. Es droht sie auch, wenn man es nicht tut. Das blendest Du aber nach wie vor aus.

    Und wenn Du mir schon mit „üblen Unterstellungen“ kommst, ein ungefragter Ratschlag: Bevor Du das nächste Mal jemanden einen „altebkannten Lautsprecher und … Krakeler“ nennst, würde ich an Deiner Stelle mal in den Spiegel schauen.

    • Peter Alberts auf 25. Januar 2023 bei 15:44
    • Antworten

    Es gibt einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag, der sowohl von der Ukraine als auch von der Russischen Föderation unterzeichnet wurde, und der die ukrainisch-russische Grenze regelt, das Budapester Memorandum von 1994. Diesen Vertrag hat Russland mit der Annexion der Krim und der Gebiete im Donbass gebrochen.
    Die Frage „Wer definiert an dieser Stelle „Russland?“ ist also bereits abschließend beantwortet. Sie neu zu stellen, bedeutet, sich auf Putins Seite zu stellen.

    Falls die Ukraine zum dem Schluss kommen sollte, dass es für sie sinnvoll wäre, über ihre Grenzen noch mal neu zu verhandeln, kann sie das natürlich tun. Aber es steht nun wirklich keineswegs uns zu, das von der Ukraine zu fordern. Umgekehrt käme nun ja auch wirklich niemand auf die Idee, von Russland territoriale Abtretungen zu verlangen.

    Die beiden Spiegelstriche:
    „- Befürchtungen vor konkret drohenden Entwicklungen dürfen nicht geäußert werden, ohne gleich in die Ecke „furchtsamer Feigling, der dem Massenmörder Putin freie Hand bei seinen Untat lässt“ gestellt zu werden.
    – Forderungen nach diplomatischen Lösungswegen werden mit den Totschlagargumenten „Die Ukraine entscheidet allein, wann sie verhandelt“ und „bei Waffenstillstand rüstet Putin doch nur nach“ niedergeknüppelt.“

    sind nicht zutreffend. Natürlich dürfen Befürchtungen geäußert werden, werden sie auch die ganze Zeit. Die Frage ist vielmehr, ob es sinnvoll ist, sich von diesen Befürchtungen leiten zu lassen.

    Das vermeintliche „Totschlagargument“, dass die Ukraine selbst über Verhandlungen entscheide“, ist genauso ein Totschlagargument, ist eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, der angegriffen wurde. Ihr diktieren zu wollen, wann sie zu verhandeln habe und wann nicht, würde ihr die Souveränität nehmen. Wieso hätte dazu irgendjemand das Recht?

    Und „Bei Waffenstillstand rüstet Putin doch nur nach“ – ob Du das als „Niederknüppeln auffasst oder nicht, ist ziemlich irrelevant, da es einfach zutreffend ist, völlig unabhängig von Deiner Befindlichkeit.

    Der ganze Text sagt eigentlich nur „Achtung, das kann eskalieren. Und es droht atomare Gefahr.“ Das stimmt ja, das bezweifelt ja niemand ernsthaft. Aber was passiert denn, wenn die Ukraine nicht weiter mit schweren Waffen unterstützt wird. Das eskaliert dann nicht?
    Ich begreife nicht, wie mensch das ausblenden kann.

    1. Hallo Peter,
      Dein Text (vor allem die dreiste Unterstellung: „Die Frage “Wer definiert an dieser Stelle “Russland?” ist also bereits abschließend beantwortet. Sie neu zu stellen, bedeutet, sich auf Putins Seite zu stellen.“) würde eigentlich einen weiteren ausführlichen Artikel erfordern. Leider ist bei den Waffenlieferungsbefürworter*innen derartige Verkürzung an der Tagesordnung. Schade, das erschwert die sachliche Diskussion, die nötig wäre … Kurz, was ich gesagt ist, dass Russland/Putin diese Frage AUS IHRER Sicht beantworten und entsprechend reagieren werden. Nicht mehr, nicht weniger.
      Leider fehlt mir dazu die Zeit (und mittlerweile auch die Lust), daher beschränke ich mich auf den letzte Absatz: „Der ganze Text sagt eigentlich nur “Achtung, das kann eskalieren. Und es droht atomare Gefahr.” Das stimmt ja, das bezweifelt ja niemand ernsthaft. Aber was passiert denn, wenn die Ukraine nicht weiter mit schweren Waffen unterstützt wird. Das eskaliert dann nicht? Ich begreife nicht, wie mensch das ausblenden kann.“
      EBEN! Du bestätigst (immerhin, es gibt genügend die auch das verleugnen) meine Befürchtungen und fragst NUR nach dem Gegenteil (was, passiert, wenn …?). Stellst du genau diese Frage auch mal für den alternativen Fall, den du ja nicht ausschließt?

      Um deine Frage zu beantworten: Wenn die Ukraine den Krieg verliert, ist sie im worst case als Staat zerstört, es gibt weitere Hunderttausende Tote und noch mehr Inhaftierte, es wird ein Unterdrückungsregime errichtet, wie es in Russland und Weißrussland schon an der Tagesordnung ist. DAS will keiner, auch ich nicht, trotz deiner üblen Unterstellung. Und irgendwann – früher oder später – wird auch diese Diktatur zusammenbrechen, wie alle vor ihr! Und m.E. sind die Chancen auf einen Friedensschluss, der die Ukraine zu akzeptablen Bedingungen überleben lässt, auch ohne Panzer (und Kampfbomber, die Diskussion ist ja schon eröffnet und wird genauso enden …) erreichbar.
      Aber – jetzt zur Antwort auf meine Frage: In diesem 2. möglichen „worst case“ gibt es die Ukraine nicht mehr, es gibt Millionen von Toten, nicht nur in der Ukraine, auch in Russland (bei der angedrohten Vernichtung der „gesamten russischen Militärmacht“, auch in Europa, bei Gegenschlag der Russischen Atommacht, und wenn es für Biden dumm läuft (sorry für die unangebrachte Flapsigkeit) auch in den USA, JEWEILS – wohlgemerkt – Abermillionen von Toten! Die Nordhalbkugel der Erde wäre auf Jahrhundert unbewohnbar, Hungersnöte ungekannten Ausmaßes wären die Folge … DAS ist also die zu bevorzugende Alternative? Oder kommt jetzt wieder das Argument „SO irrational wird Putin nicht handeln“????

    • Detlef Kröger auf 25. Januar 2023 bei 15:32
    • Antworten

    So sieht es aus. Die Ukraine kann, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht gewinnen. Da nützen auch noch so viele Waffenlieferungen nichts. Es bleibt also nur das Prinzip Hoffnung. Entweder Putin gibt auf, der Druck auf ihn aus den eigenen Land wird so stark, dass er die Kampfhandlungen einstellen muss oder die Vernunft lässt die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch gehen.

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