Eurofighter an Saudi-Arabien – ein weiterer Verstoß gegen grüne Parteibeschlüsse und rote Linien
Nahostpolitik der Ampel führt zu weiterer Eskalation
Pressemitteilung des Orgateams der Unabhängigen Grünen Linken (UGL)
Sehr geehrte Medienvertreterinnen und Medienvertreter,
die Unabhängige Grüne Linke (UGL) in Bündnis 90/Die Grünen verurteilt die Pläne der Ampelregierung, Eurofighter an das diktatorische Regime in Saudi-Arabien zu liefern. Die Zustimmung der grünen Minister zu diesen Plänen steht im Widerspruch zu noch jüngst auf Parteitagen gefassten Beschlüssen ihrer Partei. Außerdem haben SPD, Grüne und FDP schon im Koalitionsvertrag eine Lieferung von Waffen an Länder ausgeschlossen, die am Krieg im Jemen beteiligt sind.
Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock möchte gemeinsam mit den Partnern in der Ampelkoalition Eurofighter nach Saudi-Arabien liefern. Sie möchten das tun, weil sich das Land angeblich in jüngster Zeit Israel angenähert habe. Für die UGL ist es unverantwortlich, dass die deutsche Regierung dieses Regime mit Waffen beliefert und die grünen Minister entgegen aller Beschlüsse hier rote Linien überschreiten. Die Delegierten des Bonner Parteitags der Grünen im Oktober 2022 hätten unmissverständlich gesagt: „Die Regierung von Saudi-Arabien begeht nachweislich massive Menschenrechtsverletzungen und ist Kriegspartei im Jemen-Krieg. Deswegen lehnen wir jegliche Rüstungsexporte an Saudi-Arabien ab.“ (https://antraege.gruene.de/48bdk/wertegeleitet-multilateral-handlungsfahig-grune-friedens-und-siche-33565/pdf, S. 12. 48. BDK Bonn 2022) Diese Haltung fand auch Eingang in den Koalitionsvertrag der Ampel: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ (Koalitionsvertrag der Ampel, S. 115)
Saudi-Arabien ist ein autokratisches diktatorisches Regime, das die Menschenrechte verletzt und politische Gegner hinrichtet. Laut UN-Angaben sind im Krieg in Jemen mehr als 11.000 Kinder getötet worden, 2,2 Millionen Kinder sind akut mangelernährt. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nimmt Saudi-Arabien keine Rücksicht auf die Bevölkerung und greift auch Schulbusse und Kliniken im Jemen an (https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/saudi-arabia#a557cf). Vor diesem Hintergrund ist es der UGL völlig unverständlich, wie Annalena Baerbock als grüne Außenministerin dazu kommt, die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien zu befürworten. Wenn sie und Robert Habeck als Begründung nennen, dass das Regime zweimal Raketen der Huthi-Rebellen abgefangen hätte, ist dies kein Grund, Eurofighter zu liefern. Mit dem Abschuss schützt sich Saudi-Arabien nur selbst.
Obwohl sie vor der Gefahr einer Eskalation und einem Flächenbrand im Nahen Osten warnt, beteiligt sich die Bundesregierung durch anhaltende Waffenlieferungen selbst daran. Das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen wird nicht, wie vom Internationalen Gerichtshof und der UN gefordert, beendet. Vielmehr bilden die Bombardierung von Stellungen der Huthis im Jemen durch die USA und Großbritannien sowie die US-Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen pro-iranischer Milizen in Syrien und Irak die nächste Eskalationsstufe. Hier sollen Deutschland und die EU gar aktive Kriegsparteien werden. Es besteht die akute Gefahr einer weiteren Verschärfung dieses geopolitischen Konfliktes mit Beteiligung des Iran. Die Lieferung der Eurofighter erfolgt aus eigenen ökonomischen und Machtinteressen: Unschuldige sterben für Profite von Rüstungskonzernen.
Die Rechtfertigung der Freigabe durch Annalena Baerbock und Robert Habeck ist irreführend. Saudi-Arabien trägt mit dem Abschuss von Raketen der Huthi-Rebellen im Jemen nicht zu Entspannung bei, sondern schützt sich selbst. Und eine mögliche Lieferung von Eurofightern würde erst in einigen Jahren zum Tragen kommen.
Dazu kommt, dass die Freigabe das geplante Rüstungsexportkontrollgesetz der Bundesregierung konterkariert. Tatsächlich gibt es „Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ (https://dserver.bundestag.de/btd/20/100/2010010.pdf, Anlage 1a). Darin ist unter anderem das Bestreben genannt, „durch eine Begrenzung und Kontrolle der deutschen Rüstungsexporte einen Beitrag zur Sicherung des Friedens und der Menschenrechte, zur Gewaltprävention sowie einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt zu leisten“.
Der grüne Bundesvorsitzende Omid Nouripour betonte noch 2018, dass es ist nicht auszuhalten sei, wie Reden und Handeln der GroKo auseinanderfielen. Er fragte, was denn noch passieren müsse, damit die Bundesregierung keine Waffenexporte mehr nach Saudi-Arabien genehmige, und wie viel Leid die Menschen im Jemen noch erfahren müssten. Jetzt müssen wir allerdings feststellen, dass sich an der Politik Saudi-Arabiens nichts gebessert hat, und es stellt sich heute die Frage: Kann man die aktuelle Außenpolitik von Annalena Baerbock und der Ampelregierung angesichts der geplanten Lieferung von Eurofightern noch als menschenrechtsbasiert und feministisch bezeichnen? Nouripour 2018 zitierend müsste man die Ampelregierung „moralisch bankrott“ nennen. Mit Erschrecken stellt die UGL fest, dass ihre Regierungsvertreter grüne Wahl- und Grundsatzprogramme ad acta legen und sogar gegen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag massivst verstoßen.
Durch eine Lieferung von Eurofightern wird mit Grundsätzen grüner Außenpolitik gebrochen. Damit werden Rüstungsgüter an ein Regime geliefert, das unliebsame Bürger wie den saudischen Journalisten Jamal Khashoggi ermorden lässt, eine katastrophale Menschenrechtslage hat, Frauen benachteiligt, Homosexuelle verfolgt, Menschen hinrichtet und Krieg gegen Zivilisten und Kinder führt sowie wehrlose Flüchtlinge an der Grenze erschießen lässt. Klemens Griesehop vom Orgateam der UGL zieht das Fazit: „Die von den Grünen proklamierte menschenrechtsbasierte und feministische grüne Außenpolitik wird ins Gegenteil verkehrt und unsere Werte der Lächerlichkeit preisgegeben!“