Abschiebung nach Afganistan – Die Würde des Menschen ist unantastbar!

Autorenpapier von Karl-Wilhelm Koch

Die Würde des Menschen ist unantastbar!

In Wahlkampfzeiten meint die aktuelle Regierung offenbar, das Grundgesetz mal eben locker ignorieren zu können. 28 afghanische Staatsangehörige, „die sämtlich verurteilte Straftäter waren, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen“, so der Regierungssprechers Steffen Hebestreit, wurden gestern nach Afghanistan abgeschoben. Es bleiben mehr Fragen als Antworten, die in den spärlichen Interviews und Berichten gegeben wurden.

1. Wenn es verurteilte Straftäter waren, für welche Vergehen waren sie verurteilt? Handtaschendiebstahl, Vergewaltigung, Mord …? Haben sie ihre Strafen abgesessen oder wurden sie vorzeitig entlassen?

2. Welche Absprachen gibt es mit dem Terror-Regime in Kabul? Werden die Straftäter dort freigelassen (Die Auszahlung eines „Handgeldes“ weist offenbar darauf hin) oder eingesperrt? Dann stellen sich neue Fragen:

2.a. Werden die „Straftäter“ in Afghanistan als Helden gefeiert, die sich gegen die Ungläubigen profiliert haben? Oder

2.b. Werden sie als Straftäter verfolgt, eingesperrt, gefoltert und getötet, weil sie Schande über ihr Land gebracht haben? Oder ist vereinbart, dass sie ihre Strafe in Afghanistan absitzen?

3. Was würde übrigens mit weiblichen afghanischen Straftäterinnen geschehen? Würden die auch abgeschoben? Oder gibt es hier Geschlechter-Diskriminierung, „verordnet“ durch die Politik der Mullahs?

4. Hat der Termin am Donnerstag, drei Tage vor zwei entscheidenden Landtagswahlen, irgendetwas mit eben diesen zu tun, oder ist er reiner Zufall?

5. Falls ja, glaubt in der Ampelregierung und den sie tragenden Parteien tatsächlich irgendein*e Dödel*in, WENN es dadurch zu Stimmenverschiebungen in der Wahlentscheidung käme, diese Stimmen kämen den Ampelparteien, etwa der der Innenministerin zu gute? Oder wählt man*frau dann nicht gleich das Original, weil „… die haben ja offenbar mal wieder recht gehabt“?

6. Wie ist die Zusammenarbeit in diesem menschenrechts- und völkerrechtswidrigen Verfahren mit der menschenrechtsverachtenden Diktatur in Katar zu werten?

7. Wie sind – falls getroffen – Absprachen mit dem Terrorregime der Taliban zu werten, gegen die ja u.a. die Bundeswehr 20 Jahre lang Krieg geführt und „unsere Freihat am Hindukusch verteidigt hat“? Ist das auf einmal ein zuverlässiger Verhandlungspartner?

In Deutschland gilt – nach meiner Erkenntnis – nach wie vor das Grundgesetz. D.h., es gilt für alle Menschen, auch für verurteilte Straftäter. Droht ihnen in Afghanistan Verfolgung, Folter oder der Tod, dürfen sie nicht dorthin verbracht werden. Werden sie dort freigelassen, ist dies ein Unrecht gegenüber anderen Straftätern.

Amnesty International bewertet dies wie folgt: Menschenrechte haben wir alle – und niemand darf in ein Land abgeschoben werden, in dem Folter droht. Es ist alarmierend, dass sich die Bundesregierung über diese Verpflichtungen hinwegsetzt und Menschen nach Afghanistan abgeschoben hat. Niemand ist in Afghanistan sicher. Außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter sind an der Tagesordnung. Schiebt die Bundesregierung trotzdem nach Afghanistan ab, riskiert sie, sich zur Komplizin der Taliban zu machen. 

Die ersten beiden Sätze des Art. 1 Grundgesetz lauten:

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.


Einige Einzelfragen haben bereits in den Medien Antworten gefunden, so in der Süddeutschen, die Hauptfrage allerdings nicht.

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