Vernunft statt Einheit – Für die Freiheit des Individuums! Gegen den 3. Oktober!

Vernunft statt Einheit – Für die Freiheit des Individuums! Gegen den 3. Oktober!
Diskussionsbeitrag und Aufruf zum Nationalfeiertag
von Werner Hager und Ruth Birkle
20 Jahre “Wiedereinigung” haben ihre Spuren hinterlassen: In der Berliner Republik fiel das Asylrecht und “Deutschland” – nicht etwa die alte Bonner Republik – ist militärisch wieder weltweit aktiv und bereitet sich auf die kommenden Rohstoffkriege vor.

Doch anders als zu Beginn der 90er, als die Grüne Linke zusammen mit vielen Bündnispartnerinnen gegen die zu erwartende Barbarei auf der Straße und in den Parlamenten kämpfte und sich das “gesunde Volksempfinden” in Rostock-Lichtenhagen entlud, stehen wir heute vor einer Situation, in der diese Bewegungen wieder kanalisiert wurden.
In der Gesamtlinken ist es hoffähig geworden, sich wieder auf Deutschland zu beziehen. Sei es klassisch oder als Verfassungs- oder Europapatriotismus. Die – vorherige – Idee eines Anderen Deutschlands in der Tradition Fritz Küsters, die sich trotz gescheiterter Reeducation bis 1990 gehalten hatte, zerplatzte aber spätestens mit der mit der NATO und der EU koordinierten Umbau der Bundeswehr. Dieser Umbau wurde mit dem Naumann-Papier eingeleitet und betrieb insbesondere die Wiedererrichtung eines deutschen Generalstabes. Die Kontinuität der deutschen Außenpolitik der vergangenen 20 Jahre, die sich insbesondere im Kosovo-Krieg ausdrückte, wurde kaum wahrgenommen.
Auf der anderen Seite reagierte die deutsche Politik auf die Pogrome mit der faktischen Abschaffung des Asylrechtes und dem Aufbau eines Systems sicherer Drittstaaten über die EU. Ähnlich wird die Reaktion auf die Äußerungen Sarrazins erfolgen.
Der Imperialismus, der Meister aus Deutschland, kann nicht ausgesprochen, nicht einmal gedacht werden. Doch anders als von Brecht und Hiob dargestellt, ist es nicht etwa die Gestalt des klassischen preußischen Militarismus, die aus dem Grab kriegt, sondern der hervorragend gebildete multilinguale karriereorientierte neue Offizier, dessen andere Seite des archaischen Kriegers zwar existieren, aber nicht ausgesprochen werden soll. Denn Deutschlands Armee befindet sich im Einsatz.
Auch angestaubte Nazis, D-Mark-Nationalismus und randalierender völkischer Mob in Tourismusgebieten passen nicht zum Image eines modernen, in Europa integrierten Deutschlands. Die – auch innerhalb der Grünen populäre – Idee einer Eindämmung Deutschlands durch europäische Integration erwies sich als zweischneidig, deutsche Vorstellungen wurden maßgeblich für die Entwicklung der EU, auch gerade ihrer militärischen Komponente, das EU-Grenzregime verhindert effektiv die Einreise unerwünschter Asylsuchender. Die deutsche Identität soll überhaupt nicht mehr von der europäischen getrennt werden. Wie sonst kann auch ein neomerkantiles Wirtschaftssystem, welches einseitig auf Exportüberschuss bei Niedriglöhnen setzt, aufrechterhalten werden? Dies ist die Neue Deutsche Ideologie.
Schon Hegel erkannte die tragischen Defizite der deutschen Nationalstaatsbildung, die sich dann mit dem Dritten Reich als der tatsächlichen deutschen Revolution erwirklichten. Das restaurierte postnazistische Deutschland widersetzte sich – in beiden Staaten – den Versuchen, ein rationales Gesellschaftsystem zu schaffen, die Einheit der Gemeinschaft blieb handlungsleitend.
Leider verhinderte Gerhard Schröder durch seine Einkopplung der Verlängerung der Jahresarbeitszeit die Abschaffung des Nationalfeiertags während der rot-grünen Koalition. Die Forderung der Grünen Linken sollte die Streichung zugunsten des 8. Mai sein. So leicht wie die Abwicklung des Nationalfeiertag ist die Einsperrung der wiedergekehrten Bestie aus den teutonischen Urwäldern leider nicht.
Für das Individuum! Nicht nur – aber auch – am 3.10. in Bremen!

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