Wir erleben derzeit den vermutlich umfangreichsten Angriff auf die Pressefreiheit des 21.Jahrhunderts. Die investigative Datenbank Wikileaks soll zerstört werden. Nachdem US-Provider sich weigern, die Site zu beherbergen, ist wikileaks nun unter der neuen Adresse https://www.wikileaks.ch erreichbar.
Dieser Angriff auf die Pressfreiheit wird getragen und unterstützt von Teilen des sogenannten „Qualitätsjournalismus“ – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Die veröffentlichten Schweinereien des politischen Establishmentes geraten dabei in den Hintergrund. Auch im 21. Jahrhundert scheinen weiterhin die ehernen Gesetze zu gelten:
„Überbringer schlechter Nachrichten werden geköpft“ und „Herrschaft liebt den Verrat, nicht aber den Verräter“.
Die wütenden Angriffe des politischen Establishmentes folgen dabei international der Regieanweisung, wie sie bereits in vielen historischen Fällen erprobt und eigentlich leicht zu durchschauen ist. Die Glaubwürdigkeit des Feindes untergraben, ihm das Gesicht zerschlagen und die persönliche Integrität des/der Akteure zerstören und wenn dann noch nötig – dann kommt es möglicherweise zum „tragischen, tödlichen Unfall“, wie solche jüngst von John Perkins in seinem Buch „Economic Hit Man“ beschrieben werden (ISBN 978-344215424-1)? Wer dennoch der Meinung ist, „sowas“ gehöre in das Reich von Thrillern und Verschwörungstheorien, muss sich freilich die Frage gefallen lassen, ob die putative Ermordung ohne Kontrolle und Gerichte wie in Afghanistan gegen „Talibanführer/oder als solcher Verdächtigter(!)“ praktiziert oder im Nahen-Osten gegen „palästinensiche Terroristen/Terrorverdächtige(!)“ ebenfalls „reine Fiction“ sind?
Die internationale Reaktion des Establishmentes folgt dabei übereinstimmend scheinbar der Annahme: „Alle haben mehr oder weniger Dreck am Stecken, sorgen wir gemeinsam dafür, dass es so und dieser im Verborgenen bleibt“. Natürlich wissen wir nicht, ob und was an den Vorwürfen der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung gegen den Wikileaks-Promi Assange dran ist. Offiziell wurde von Schweden keine Anklage erhoben, offiziell wird er als Zeuge von Interpol (?!?) gesucht. Im Kontext scheint das alles aber mehr dem Muster zu folgen „den Sack (Assange) schlagen, den Esel (Wikileaks) meinen“. Weshalb man nicht gleich den ungleich wirkungsvolleren Vorwurf der Kinderschändung erhebt, der „das Volk“ viel besser mobilisiert, auch darüber liesse sich trefflich spekulieren.
Wer der naiven Meinung ist, „Regierungen sollten ruhig Geheimnisse haben dürfen“ und man dürfe „(regierungsamtliche) Informanten nicht gefährden“, der sei auf den Agenten (auf BND Ticket) „Curveball“ hingewiesen. Dieser BND Agent darf das traurige Verdienst für sich beanspruchen, mit groben Lügenmärchen über angebliche Massenvernichtungswaffen der Bush-Administration den benötigten Vorwand für den Irak – Krieg mit vermutlich mehr als 150.000 Opfern geliefert zu haben. Niemand weiß natürlich, ob dieser Krieg ohne, oder besser bei frühzeitiger Enttarnung dieses Lügenboldes überhaupt oder derart massenmörderisch statt gefunden hätte. Besonders pikant ist, dass dieser Kerl unbehelligt bis 2008 (ARD-Extra am 4.12., wiederholt am 5.12.) auf der Lohnliste des BND stand. Deutschland gegen den Irak-Krieg? Da kommt nach und nach einiges an den Tag, oder? Ein wesentlicher Schutz vor schmutzigen Machenschaften ist die abschreckende Wirkung des Wissens, dass diese ans Licht der Öffentlichkeit gelangen (können). Diese Möglichkeit und der damit verbundene Kontrollverlust des politischen Establishmentes, ist durch Wikileaks erheblich vergrößert worden. Und das ist gut so.
Wie aber verhält sich unsere Partei zu all dem? Welchen Standpunkt wird sie einnehmen?
Bisher liegen zwei unterschiedliche öffentliche Stellungnahmen vor:
Claudia Roth; pro Wikileaks, Cem Özdemir, Wikileaks, ja aber …? also eher kritisch gegenüber Wikileaks.
Meine persönliche Meinung ist: Wir sollten gemeinsam diesen wohl größten Angriff auf die Pressefreiheit verurteilen und Wikileaks unterstützen.
2 Kommentare
Grüne Österreich fordern Asyl für Assange in Österreich!
“ … wenn es nach dem grünen Abgeordneten Peter Pilz geht. Per Presseaussendung und in seinem Blog (Eintrag vom 5.12.) meint der Politiker: „Es geht nicht an, dass Assange für etwas, was jeder Journalist der Welt tun würde, von den USA und ihren Verbündeten durch ganz Europa gehetzt wird. Er braucht Schutz, weil ein faires Verfahren gegen ihn wegen angeblicher Vergewaltigung derzeit nicht möglich ist.“
https://www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=1815
Danke, Rheinland-Pfälzer!
In einer flügelübergreifenden Aktion in tatkräftigem Verbund mit der GJ hat der Landesverband Rheinland-Pfalz folgende Resolution zur aktuellen Wikileaks-Diskussion mit großer Mehrheit verabschiedet:
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WikiLeaks – Demokratie braucht Transparenz und Verantwortung
Der Landesverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz befürwortet die
Tätigkeit von WikiLeaks als förderlich für Demokratie und Transparenz in der Politik. Wikileaks ist eine Plattform für den Austausch vertrauenswürdiger Informationen und unterstützt damit investigativen Journalismus. Ihre Bedeutung ist durch die aufgedeckten Skandale mehr als gerechtfertigt.
Demokratie braucht Transparenz, das ist ihr Lebenselexier. Die Kontrolle von Macht erfolgt auch durch einen guten investigativen Journalismus, der illegale, völkerrechtswidrige oder bedenkliche Praktiken politischer Akteure aufdeckt und anprangert. Investigativer Journalismus ist jedoch auch auf geheime Quellen angewiesen.
Im Zeitalter der Neuen Medien sind Webseiten wie WikiLeaks Teil einer kritischen Öffentlichkeit. Insbesondere Völker- und Menschenrechtsverstöße können nicht wie bisher unter den Teppich gekehrt werden. WikiLeaks konnte bereits im Juli 2010 durch die Veröffentlichung eines Videos aus dem Irak-Krieg, in dem den USA völkerrechtswidriges Verhalten nachgewiesen werden konnte, einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung völkerrechtswidriger Handlungen leisten.
Die Betreiber von Internetplattformen wie WikiLeaks haben eine besonders hohe ethische Verantwortung. Die Entscheidung, was und wie veröffentlicht wird, muss bestimmten Regeln folgen. Der selbstgegebener Kodex für ihre Arbeitsweise, der Schutz von Informantinnen und Informanten sowie Menschen vor Ort gewährleistet, ist zu begrüßen. An Daten von Privatpersonen besteht kein öffentliches Interesse. Auch die veröffentlichenden Medien stehen in der Pflicht, die Daten vor Offenlegung daraufhin zu prüfen. Solange diese Verantwortung ernst genommen wird, sind die Veröffentlichungen ein Gewinn für die Demokratie.
Die Tätigkeit von WikiLeaks ist rechtsstaatlich und demokratisch wünschenswert, wenn sie sich an ethischen Grundprinzipien orientiert. Daher fordert der Landesverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz die Bundesregierung auf, sich nicht an der Kampagne gegen WikiLeaks zu beteiligen, sondern stattdessen die konsequente Aufarbeitung der aufgedeckten Vorgänge zu betreiben.