Auswertung der Bundestagswahl
Diffuse Wahlkampagne „Bündnis-Kanzler“
Die Bündnisgrünen haben mit Robert Habeck als Kanzlerkandidaten und Annalena Baerbock bei der Bundestagswahl die sog. „Merkel-Lücke“ gesucht, aber nicht gefunden. Es war ein katastrophaler Fehler, im Wahlkampf nicht auf unsere Kernwähler*innen zu setzen, sondern sich der CDU/CSU anzudienen und anzubiedern. Die diffuse Wahlkampagne „Bündnis-Kanzler“ fand keinen Widerhall. Auch den Slogan „Ein Mensch. Ein Wort.“ haben die Wähler*innen völlig zurecht als nichtssagend wahrgenommen. Dazu hat der Bundesvorstand sogar eine Werbeagentur angeheuert, die vorher Wahlkämpfe für die CDU gemanagt hat. Den Wahlkampf um die sog. Merkel-Mitte zu führen hieß, einer Chimäre hinterherzulaufen.[1] Diese Wahlkampfstrategie war die Ursache für das Desaster der Bündnisgrünen bei diesen Wahlen. Nach der Wahlschlappe mit mehr als 21 % Prozent minus (-3,1 %) wird unsere politische Führung – wie auch bei den vergangenen Landtagswahlen – wieder das Ergebnis schönreden und anderswo nach Ursachen suchen als bei sich selbst.
Die Linkspartei hat mit UGL-Themen dazu gewonnen
Der Kurs mit der impliziten Aufforderung „Wählt uns und nicht die Linkspartei, damit wir mit der CDU/CSU schwarz-grün regieren können.“ ist krachend gescheitert, wie alle am Wahlergebnis der Linkspartei sehen können. Die Linkspartei hat die Wahl mit den Themen gewonnen, die wir als Unabhängige Grüne Linke (UGL) bei den letzten BDKen eingefordert haben. Unsere Anträge, die der Partei mittels Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums ein grünlinkes Profil – gemäß unserer Grundwerte – geben sollten, haben unsere politisch Verantwortlichen verhindert. Bei diesem unterirdisch geführten Wahlkampf kamen bei den Bündnisgrünen die Themen Gerechtigkeit und Klimaschutz nicht vor. Der Erfolg der Linkspartei hat unsere Verantwortlichen gänzlich unvorbereitet getroffen. Wenn wir uns nicht inhaltlich und personell neu aufstellen, droht uns dauerhaft die junge Generation verloren zu gehen.
Asylrechtsverschärfung statt BDK-Beschlüsse
Auch unsere friedenspolitischen Initiativen zum Vorrang für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Krieges wurden desavouiert. Von unserem Grünen Spitzenpersonal war nur noch die Forderung nach immer schwereren und weiterreichenden Waffen zu hören. Als die Brandmauer von CDU/CSU, FDP und BSW gebrochen wurde, sahen sich unser Kanzlerkandidat Robert Habeck und der Bundesvorstand genötigt, einen 10-Punkte-Plan zur Asylrechtsverschärfung vorzulegen, anstatt den in unseren BDK-Beschlüssen beschlossenen Kurs zu verteidigen. Der 10-Punkte-Plan und das Bashing der Linkspartei von Annalena Baerbock auf TikTok waren Eigentore! Und die GLD hat, indem sie diesen Kurs der Realos unterstützt und uns als UGL ausgegrenzt und marginalisiert hat, zu einer massiven Schwächung der gesamten innerparteilichen Grünlinken in den letzten Jahren beigetragen.
Wo war unser demokratisches Gegenangebot zur Union?
Die eigentliche Sensation ist der Erfolg einer erneuerten Linken. Man muss nicht mit der Partei sympathisieren, um sich über den Erfolg für die Linkspartei zu freuen. Sie konnte vor allem den Jungwähler*innen ein überzeugendes demokratisches Gegenangebot zur antidemokratischen AfD machen. Mit dem neuen Duo Reichinnek/van Aken, der Silberlocken-Kombo und Tausenden jungen Neumitgliedern kann sie nun auch im Bundestag in der Opposition gegen die AfD agieren. Schon im Wahlkampf hat sie davon profitiert, sich konsequent auf die klassischen Themen wie die Gerechtigkeitsfrage zu konzentrieren, die alle anderen Parteien vernachlässigt haben.
Erneuerung in der Opposition!
Die Konsequenz aus den verlorenen Wahlen kann nur sein, die Grünen wieder als sozialökologische linke Partei zu positionieren. Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass es für die Grünen nicht die Machtoption Jamaika gibt, denn dies hätte die Ampel-Misere fortgesetzt und verschlimmert. Die Bündnisgrünen müssen sich in der Opposition als linke sozialökologische Partei neu aufstellen, sonst wird sich der schleichende Niedergang dieses emanzipatorischen ökologischen Projektes fortsetzen. Dazu braucht es neue Köpfe an der Partei- und Fraktionsspitze, die diesen Kurs glaubwürdig vertreten.
Unabhängige Grüne Linke
Die Orga-Gruppe
Fußnote
[1] 460.000 Grüne haben die CDU und 700.000 Wähler*innen die Linkspartei gewählt. (Siehe Analyse der Wählerwanderung: https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2025-02-23-BT-DE/analyse-wanderung.shtml)