Dann halt Krieg gegen Russland!?

Autorenpapier Karl-W. Koch
(Überarbeitung/Präzisierung der Aussage zu „2.“ am 11.01.2024, 13:00 Uhr)

Immer lauter werden die Forderungen nach Lieferungen der Marschflugkörper Taurus an die Ukraine. Lauthals wird argumentiert, „Scholz würde die Lieferungen aus nicht enthüllten Gründen verweigern“. Jeder, der sich informieren will, weiß, das ist schlicht falsch.

Es gibt mindestens drei gute Gründe für eine Verweigerung:

  1. Scholz will die Reichweite so programmieren lassen, dass die Taurus nur auf ukrainischem Gebiet einsetzbar sind.1 Das wird bisher von der Ukraine abgelehnt.
  2. Die eigentliche Programmierung (Geodaten): Soweit bisher dazu Informationen an die Öffentlichkeit kamen, können die Geodaten nicht gelöscht werden, weil sie offenbar auf deutschen Satellitendaten basieren. Vermutlich liegen diese Daten in einem Rechenzentrum des DLR oder von Airbus in Deutschland. Alternative Daten für diese Systeme scheinen nicht verfügbar zu sein.2 Daher müsste dem ukrainischen Militär ein Zugang dazu gegeben oder eben deutsches Personal selbst eingebunden werden. Russland könnte das als aktiven Kriegseintritt Deutschlands werten.
  3. Selbst wenn die Taurus nur auf ukrainischem Gebiet eingesetzt würden, würde dies nach westlichem Verständnis die besetzte Halbinsel Krim beinhalten. Eines der erklärten Ziele des ukrainischen Militärs ist die Zerstörung der Krimbrücke vom russischen Festland her, über die wesentliche Teile des Nachschubs laufen.3 Die Bombardierung dieses Prestigeobjektes und die damit verbundenen massiven Probleme beim Nachschub würde Russland als „Angriff auf Russland“ werten, mit den entsprechenden Konsequenzen, die auch den Einsatz von Atomwaffen nicht ausschließen würden.4

Was sind die Nebenwirkungen?

Scholz hat also – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Politikern der Ampel – richtig erkannt, dass der Einsatz der Taurus zu einer weiteren massiven Eskalation des Krieges beitragen wird. Dies kann nicht in unserem Sinn sein und auch nicht im Sinn der ukrainischen Bevölkerung. Ein nachfolgendes massives Bombardement ukrainischer Städte (erinnert sei an die Endphase des Zweiten Weltkrieges in Deutschland) oder gar ein Atomwaffeneinsatz würde die Opferzahlen nochmals extrem steigen lassen. Nicht zu vergessen: Auch die russischen Soldaten sind Menschen und zur überwiegenden Zahl nicht freiwillig oder aus Überzeugung an der Front.

Zu allem kommt hinzu, dass der Ukraine die Munition – und viel schlimmer – die Soldaten ausgehen. Die verzweifelten Versuche der Regierung, ins Ausland geflüchtete Wehrpflichtige zu rekrutieren5, sprechen Bände. Putin ordnet einfach eine weitere Mobilisierungswelle an und hat erneut 200.000 Soldaten als Kanonenfutter zur Verfügung.

Ein weiteres Problem sind die versiegenden Geldmittel zur Finanzierung des Krieges. Die USA haben aktuell (unter der Regierung Biden!) die Zahlungen eingestellt, weil sie von den Republikanern blockiert werden. Unter einem neuen republikanischen Präsidenten würden sie mit Sicherheit gestoppt. In Europa ist mit der Slowakei ein zweiter Staat ins Putinlager gewechselt; EU-Gelder genehmigt zu bekommen dürfte zunehmend schwierig werden. Und wer in Deutschland die Haushaltstreitigkeiten verfolgt, dem wird auffallen, dass der Wert von Regierungshilfen an die Ukraine vom 24.1.2022 bis 31.10.2023 bei 20,9 Mrd. € liegt, ohne die mitfinanzierten EU-Mittel in Höhe von 84,9 Mrd. €, deren größter Anteil vermutlich ebenfalls aus deutschen Kassen stammt. Großbritannien liegt dagegen ohne EU-Beiträge bei nur 13,3 Mrd. €.6  Man darf gespannt sein, wie lange deutsche Wähler*innen das in finanziellen Krisenzeiten mit Bauernaufständen etc. weiter mittragen.

Was sind die Folgen?

Überhaupt: Wie soll es eigentlich ausgehen, wenn „Russland den Krieg verliert“, wie immer wieder gefordert wird?7 Wird die Russische Föderation aufgelöst? Folgt ein innerrussischer Bürgerkrieg, wiederum mit westlicher Unterstützung für die Aufständischen? Werden die Atomwaffen auf die Teilrepubliken verteilt? Wird Moskau besetzt? Werden Putin und seine Schergen verhaftet und vor Gericht gestellt? Wird Kaliningrad wieder Deutschland – oder Polen – oder Litauen zugesprochen? Bisher sind das nur leere Sprechblasen, ohne (zumindest öffentlich) jegliche Überlegungen über das „Danach“. Vermutlich gibt es jedoch keine seriösen Überlegungen, schlicht, weil sie nicht umsetzbar sind.

Es bleiben also erkennbar nur zwei Möglichkeiten:

  • Eskalation des Krieges mit weiteren Hunderttausenden von Menschenleben und der massiven Gefahr einer Ausweitung des Krieges auf Mitteleuropa, Kriegseintritt Deutschlands und vermutlich der Nato
    oder
  • Sofortige Initiativen zum Beginn von Friedensverhandlungen.
     

Die Entscheidung liegt aktuell bei der deutschen Regierung.

 

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