Stellungnahme von Lisa Badum MdB zur Novelle des KSG

Liebe Freundinnen und Freunde,

der folgende Brief von Lisa Badum, klimapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, hat uns gestern Abend erreicht. Sie hat uns die Zustimmung gegeben, diesen Euch bekannt zu machen. In ihrer Nachricht erklärt sie uns ihren Abwägungsprozess und dass sie heute dem Gesetz nicht zustimmen wird. Ein erster Erfolg!

Sie ist übrigens die einzige MdB, die auf unseren Brief bisher geantwortet und sich erklärt hat. Das schätzen wir sehr und bedauern auch gleichzeitig, dass die anderen grünen MdBs das bisher nicht getan haben. Aber vielleicht kommt das noch. Wenn nicht, fragt ruhig mal nach. 🙂 Wir erwarten jedenfalls eine Antwort und eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten.

Heute von 11:05 -12:20 Uhr ist die Beratung und Abstimmung über KSG-E auf der Tagesordnung des Bundestages und wird von Phoenix bzw. über bundestags.tv übertragen.

Mario Hüttenhofer
für die Initiator*innen


Lieber Mario, liebe Maria, lieber Ralf, lieber Karl-Wilhelm,

Pressebild Lisa Badum, © Trutschel, Photothek

Lisa Badum, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, © Trutschel, Photothek

vielen Dank für eure Mail und eure offenen Worte. Als Klimapolitikerin und Berichterstatterin für das Klimaschutzgesetz (KSG) teile ich eure Sorgen an vielen Stellen. Ein kurzer Blick auf die Vorgeschichte:

Bereits im Koalitionsvertrag und dem Koalitionsausschuss vom März 2023 wurden Leitlinien für die Reform des KSG festgehalten. Diese sahen vor, dass die Einhaltung der Klimaschutzziele künftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden soll. Wir Grünen haben im Koalitionsausschuss hart für mehr Klimaschutz gekämpft und das Schlimmste verhindert.

Wir haben einige wichtige Erfolge erzielt. Erstmals in seiner Geschichte ist Deutschland auf dem Weg, seine nationalen Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Die Lücke von ca. 1100 Mio. Tonnen CO2 vom Amtsantritt der aktuellen Bundesregierung ist nahezu geschlossen. Die Wärmewende im Heizungskeller kann endlich stattfinden, der Schienenausbau wird vorangebracht und über die LKW-Maut klimagerecht querfinanziert, der Erneuerbaren-Ausbau wird beschleunigt.

Die Verhandlungen haben aber ebenso vor Augen geführt, dass ambitionierter Klimaschutz noch immer hart umkämpftes Terrain ist. Bei der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz hat sich die fossile Lobby wieder einmal aufgebäumt. Für alle Zuschauenden war klar: Politisch ist der Einsatz für Veränderung immer noch äußerst riskant und verhetzbar. Klar ist aber auch, dass eine Begrenzung der Klimaerhitzung ohne Veränderungen nicht möglich ist. Eisern am Status quo festzuhalten, hat nur mehr Überschwemmungen, Dürren, Ernteausfälle – und damit auch Kosten – zur Folge. Wir brauchen Akteure, die auch bei Gegenwind für Klimaschutz einstehen, und breitere Bündnisse nicht nur für Ziele, sondern auch für Maßnahmen.

Auch bei der Reform des Klimaschutzgesetzes gibt positive wie negative Aspekte: Mit der Novelle wird eine Regelungslücke behoben. Bisher lief die Prüfung der Klimaziele nur bis 2030, nun wird auch 2040 in den Blick genommen. Die Nachsteuerung auch für das 2040-Ziel wird im jetzigen Klimaschutzgesetz-Update verbindlich festgeschrieben. Künftig wird zudem bei der Einhaltung der Klimaziele auch nach vorn geschaut, statt nur die Zahlen des vergangenen Jahres zu überprüfen. Dadurch fallen Zielverfehlungen früher auf. Diese Änderungen sind ein Erfolg.

Und schon 2026 muss die Bundesregierung ein Klimaschutzprogramm vorlegen, das Maßnahmen beschreibt, um auch die Klimaziele für 2040 zu erreichen.

Was künftig bedauerlicherweise wegfällt, ist die Nachsteuerungsverpflichtung für einen einzelnen Sektor (etwa Verkehr), wenn dieser seine Ziele nicht einhält. Stattdessen wird eine Nachsteuerung erst dann erforderlich, wenn das Gesamtziel in zwei aufeinanderfolgenden Jahren verfehlt wird. Die Abschaffung der Verbindlichkeit der Sektorziele ist schwierig und kann in den nächsten Jahren zu weiterem dramatischem Reformstau führen. Insbesondere in den Sektoren Gebäude und Verkehr wirken strukturelle Veränderungen nur langsam, weswegen es umso sinnvoller ist, hier bereits jetzt die Weichen in Richtung Klimaneutralität zu stellen. Abschließend müssen wir auch unsere europäischen Klimaziele bei Gebäude und Verkehr im Blick behalten. Durch die neue sektorübergreifende Betrachtung im Klimaschutzgesetz drohen wir diese zu verfehlen, was letztlich Kosten in Milliardenhöhe verursachen kann. Auch drohen neue Klagen, weil mit dem Gesetz die Pflicht zur Nachsteuerung in die Zukunft verschoben wird. Daher bestehen an der Rechtssicherheit des neuen Klimaschutzgesetzes zumindest Zweifel.

In der Gesamtabwägung komme ich als Klimapolitikerin zu dem Ergebnis, dass die offenen Punkte und Schwächen der Gesetzesänderung gegenüber den Verbesserungen überwiegen. Unter dem Strich kann ich daher der Änderung des Klimaschutzgesetzes morgen nicht zustimmen, weil klimapolitisch dringend erforderliche Maßnahmen insbesondere im Verkehrsbereich nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht werden. Auch das Vorliegen eines rechtssicheren Nachsteuerungsmechanismus ist aus meiner Sicht Voraussetzung für die Zustimmung zur Novelle.

Den Einsatz und die Bereitschaft, mutig weitere Maßnahmen zu beschließen, wie es diese Woche für die Energiewirtschaft mit dem Solarpaket passiert, brauchen wir von allen Verantwortlichen in allen Sektoren.

Dafür kämpfe ich weiter mit aller Kraft. Danke für euren Support!

Mit besten Grüßen

Lisa

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Lisa Badum
Mitglied des Deutschen Bundestages
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz und Energie Vorsitzende des Unterausschusses Internationale Klima- und Energiepolitik

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