Der Friedensappell von Prof. Klaus Moegling, Bernhard Trautvetter und mir wird mittlerweile auch international verteilt und gezeichnet, u.a. in Österreich (weitere Länder: Schweiz, Frankreich, Dänemark …). Aus Österreich gab es auf Anfrage unseres Mitstreiters dort, Karl-Heinz Hinrichs – anders als bei uns in Deutschland – eine Reaktion der dortigen Bundesregierung durch den dortigen Vizekanzler, die recht interessant formuliert ist. Daher machen wir diese (mit Zustimmung des Büros) hier öffentlich:
Sehr geehrter Herr Dipl. Ing. Hinrichs
Vizekanzler Kogler lässt sich für die Zusendung Ihres Appells für den Frieden recht herzlich bedanken. Er hat mich ersucht Ihr Schreiben wie folgt zu beantworten.
Wir sehen in Sachen Überwindung des Krieges und Herstellung eines gerechten Friedens derzeit leider keine Alternative als einerseits das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine anzuerkennen und zu unterstützen – selbst in Ghandhis Theorie der Gewaltlosigkeit hatte dieses Bestand und die Ukraine hat tatsächlich alle Mitteln der Gewaltlosigkeit in den vergangenen Jahren ausgeschöpft – und andererseits im Gespräch zu bleiben; die Kriegsdienstgegner und -verweigerer in Russland zu unterstützen und humanitär vor Ort und den Flüchtlingen hier zu helfen. Wenn Putin aufhört, dann ist der Krieg beendet. Wenn die Ukraine aufhört, dann ist die Ukraine ausgelöscht!
Neutralität kann nicht teilnahmsloses Zusehen bei einem militärischen Überfall bedeuten. Österreich ist ein neutraler Staat. Das ist gut und richtig. Aber Ziel der Neutralität kann nicht sein, teilnahmslos zuzuschauen und den Bruch des Völkerrechts hinzunehmen, wenn eine militärische Großmacht einen Nachbarn überfällt. Hier geht es um die Zerstörung eines unabhängigen und souveränen Staates durch militärische Gewalt.
Putin verdreht mit seiner „Rhetorik eines Angriffskriegs aus Eigenschutz“ die Wahrheit. Dies muss so benannt und zurückgewiesen werden. Österreich wird die weiteren „massiven Maßnahmen“ der EU mitentwickeln und mittragen, denn es gilt, alle Mittel der Politik und der Diplomatie zu ergreifen, „um uns diesem Angriff auf die Ukraine entgegenzustellen“.
Das neutrale Österreich kann einem derartigen Aggressionskrieg nicht zuschauen. Die Neutralität ist keine „tatenlose Ideologie“. Österreich bleibt dem Lebensmodell von Freiheit, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie treu. Die Ukraine ist ein europäisches Nachbarland. Daher hat sich Österreich ohne wenn und aber als guter und solidarischer Nachbar erwiesen. Gleichzeitig hat Österreich die Pflichten eines militärisch Neutralen eingehalten.
In dieser Frage und in der Frage der Waffenlieferungen geht es eben vor allem auch darum, immer wieder klar zu machen, dass es keine direkte Unterstützung durch Soldaten gibt, was den Westen zur Kriegspartei machen würde, aber die Selbstverteidigung des Überfallenen zu unterstützen und volle Solidarität mit der Ukraine zu zeigen. Diesem Prinzip der Unterstützung des Art 51 UN-Charta bei gleichzeitiger Vermeidung jeder Eskalation und der Eindämmung des Krieges folgen auch die USA, die Nato als auch die EU.
Das UN-Generalsekretariat ist dauernd und intensiv engagiert Verhandlungen in Sachen Gefangenenaustausch, Getreidelieferkorridore und Sicherheitszone um das AKW Saporischja herbei zu führen. Mit kleinen Teilerfolgen, die allerdings weit von einem Waffenstillstand oder gar einer Friedenslösung entfernt sind.
Wie schwer es ist, im Gespräch zu bleiben, zeigte die diesjährige OSZE-Wintertagung, an der auch russische Abgeordnete „routinemäßig“ und völkerrechtsgemäß teilgenommen und wo 81 Abgeordnete und Mitglieder der Parlamentarierversammlung dagegen protestiert haben, sowie litauische und ukrainische Abgeordnete die Sitzung boykottiert haben. Aber gerade die OSZE ist als Dialogforum gegründet worden. Die OSZE hat im Krieg seit 2014 in der Ukraine, der auch von Russland entfacht worden ist, eine wichtige Rolle an der Waffenstillstandslinie gespielt. UND: Die OSZE wird die erste Organisation sein, die, sobald irgendeine Bereitschaft zu einem neuerlichen Waffenstillstand von beiden Seiten geäußert wird, ein wichtiges Instrumentarium bietet.
Ein Boykott Russlands hätte dieses internationale Forum in seinen Grundfesten erschüttert und den Sinn der OSZE grundlegend in Frage gestellt. Daher ist Österreich als Gastgeberland für die Durchführung der Konferenz eingetreten.
In diesem Sinne werden wir auch weiterhin für einen gerechten Frieden für die Ukraine eintreten und verbleiben und auch im Einklang mit den internationalen Entwicklungen und Absprachen handeln.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Steyrer
Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
Büro des Vizekanzlers und Bundesministers
EU und Internationales
Radetzkystraße 2, 1030 Wien, Österreich
Hier das Anfrageschreiben:
Von: Hinrichs Karl-Heinz
Gesendet: Freitag, 3. März 2023 20:42
An: Kogler, Werner
Betreff: Appell für den Frieden
Sehr geehrter Herr Vizekanzler Kogler, in einer gemeinsamen österreichisch-deutschen Initiative haben wir einen Appell für den Frieden ausgearbeitet, der bislang von ca. 5700 Personen unterschrieben wurde:
Petition · Appell für den Frieden: Das Töten in der Ukraine muss beendet werden! · Change.org
Wir bitten Sie höflich wirkungsvolle diplomatischen Initiativen zu ergreifen bzw. zu unterstützen
Appell für den Frieden – Gerichtet an die österreichische und die deutsche Bundesregierung:
Die weltweiten Kriege und die ständig beschleunigte Hochrüstung stehen der Bewältigung der ökologischen Krise entgegen.
Die Arsenale der Atommächte und die über 400 Nuklearreaktoren weltweit sowie die ökologischen Kipp-Punkte der Klima- und anderer ökologischer Katastrophen sowie die internationale Rivalität sind eine ständig zunehmende Gefahr für die Zukunft der Menschheit.
Eine Zukunft der Menschheit wird es nur geben, wenn diese eine friedliche wird. Hierbei geht es sowohl um innergesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Frieden als auch um den Frieden mit der Natur.
Dies erfordert eine internationale Kooperation statt Rivalität und Feindschaft.
Wir warnen, angesichts der Warnungen aus Scharm El Scheich, vor einem erneuten Zeitverlust, den sich die Menschheit nicht mehr leisten kann.
Die laut SIPRI offiziellen 2100 Jahresmilliarden (in US-$) Weltrüstungsausgaben bedingen einerseits eine Belastung der Ökosphäre mit Verbrennungsabgasen, andererseits eine Ressourcenvernichtung in ebenso existenziell schädlichem Umfang, wodurch u.a. Ressourcen für soziale Programme sowie Bildung und die Bekämpfung von Hungersnöten fehlen.
Der Vertrag zur Deutschen Einheit (2+4-Vertrag) erlegt den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und Deutschland die Aufgabe auf, sich für eine Weltfriedensordnung einzusetzen, welche die Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigt. Dies ist der Schlüssel zur Überwindung der Rivalität.
- Wir fordern daher von den Bundesregierungen in Österreich und Deutschland im Sinne des 2+4-Vertrags, dass sie sich umgehend und mit dem nötigen diplomatischen Einsatz für eine vom UN-Generalsekretariat getragene hochrangige Verhandlungsinitiative zur Beendigung des eskalierenden Kriegs in der Ukraine einsetzt. Das gegenseitige Töten und auch die massive Umweltzerstörung durch den Krieg sind nicht länger von der internationalen Gemeinschaft der Völker hinnehmbar!
2) Wir fordern eine konsequente Ökologiepolitik und eine Abkehr vom unkritischen Wachstumsdenken, um mit
einem ganzheitlichen Ansatz die existenzielle Bedrohung der Zukunft des Lebens auf der Erde
abzuwenden. Dementsprechend müssen auch die durch Militär bedingten Emissionen eines Staates im Inland und Ausland seiner nationalen CO2-Klimabilanz zugerechnet werden. Wir fordern die
Bundesregierungen auf, sich bei internationalen Klimaverhandlungen dafür einzusetzen, dass es keine Herausnahme der militärisch bedingten Umweltverschmutzung bei internationalen
Klimaverhandlungen mehr geben wird.
3) Wir fordern eine über die UN koordinierte internationale Abrüstung statt Aufrüstung. Insbesondere fordern wir ein Ende der Nuklearrüstung, welche die Menschheit nach der Aufkündigung der nuklearen
Abrüstungsverträge und gegenseitigen Vernichtungsdrohungen in ihrer Existenz gefährdet. . Österreich hat lobenswerterweise als einer der ersten Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet und
ratifiziert. Wir bitten Sie, auch Ihren deutschen Kollegen dazu aufzufordern, dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beizutreten, was auch die Sicherheit Österreichs erhöhen würde.
Es muss jetzt endlich die Zeit der wirkungsvollen diplomatischen Initiativen und zivilgesellschaftlicher Aktivitäten im internationalen Rahmen kommen!
Frieden entsteht nicht durch mehr Krieg! Waffen liefern keinen Frieden!
Nur eine Politik, die ehrlich alle Gefahrenpotentiale zeitnah angeht, kann die Zukunftsgefährdungen abwenden.
Wir bitten die Bundesregierungen, dass sie sich hier eindeutig positionieren und konsequent im Rahmen internationaler Absprachen handeln!
Die ErstunterzeichnerInnen des Appells für Frieden (Österreich)
Friedliche Grüße von
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Hinrichs
Gründer der EVAL-Bewegung
Umwelt- und Friedensaktivist
Rössing 311
A-8972 Ramsau am Dachstein