Atomkraftgegner fordern grünes “Nein” zu Merkels Atompolitik

Schnellerer Ausstieg nötig / Glaubwürdigkeit der Grünen gefährdet
Mit einem offenen Brief an den Bundesvorstand der Grünen fordert die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt die Partei auf, der Atompolitik der Bundesregierung nicht zuzustimmen.

In dem Brief heißt es unter anderem:
 
“Nach der neuesten Forsa-Umfrage wollen 56 Prozent der Bevölkerung einen vollständigen Atomausstieg bis 2016 oder früher. Die Mehrheit will also einen schnelleren Ausstieg, als ihn selbst die Grünen fordern (2017) – aber in keinem Fall den Weiterbetrieb der letzten AKW bis 2022. (.)
Sechs AKW sollen also noch mehr als zehn Jahre – über drei Bundestagswahlen hinweg – am Netz bleiben. Damit ist der Ausstieg nicht unumkehrbar, sondern das öffnet Tür und Tor für eine spätere Revision der jetzigen Beschlüsse. (.)
Die Bundesregierung hat beschlossen, den Bau des Atommüll-Endlagers im dafür völlig ungeeigneten Salzstock Gorleben weiter voranzutreiben.
Damit werden Tatsachen geschaffen, die es in Zukunft immer schwerer machen werden, Gorleben zu verhindern. (.)
Es würde die Glaubwürdigkeit der Grünen extrem beschädigen, wenn sie all dies mittragen. Ihr sagt von Euch, Ihr seid die Anti-Atom-Partei. Doch bei einer Zustimmung droht den Grünen das Schicksal einer bekannten Steuersenkungspartei, die die Erwartungen ihrer WählerInnen nicht erfüllen konnte.
Die Grünen müssen nicht springen, nur weil Rainer Brüderle ein Stöckchen hinhält. (.)
Mit dem rot-grünen Atomkonsens gab es ein tiefes Zerwürfnis zwischen Grünen auf der einen und Bürgerinitiativen und Umweltverbänden auf der anderen Seite. In den letzten Jahren habt Ihr Euch als Oppositionspartei wieder als Teil der Anti-AKW-Bewegung verstanden, habt mit uns gemeinsam demonstriert und unsere Forderungen geteilt. Die Spaltung konnte weitgehend überwunden werden. Wir fordern Euch auf: Setzt diese Gemeinsamkeit nicht erneut aufs Spiel!”
Den kompletten Brief finden Sie unten in dieser E-Mail.
Rückfragen an Jochen Stay, Tel. 0170-9358759
https://www.ausgestrahlt.de
 
.ausgestrahlt ist eine bundesweite Anti-Atom-Organisation, die AtomkraftgegnerInnen darin unterstützt, aus ihrer Haltung öffentlichen Protest zu machen.
 
 

Hier der vollständige Brief:

 
—–
.ausgestrahlt – gemeinsam gegen atomenergie
Marienthaler Str. 35
20535 Hamburg
 
 
Offener Brief an den Bundesvorstand von Bündnis 90 / Die Grünen
 

Hamburg, den 5. Juni 2011

 
Lieber Bundesvorstand der Grünen
am Montag wollt Ihr beraten, wie Ihr Euch gegenüber den atompolitischen Vorstellungen der Bundesregierung positioniert.
Nach der neuesten Forsa-Umfrage wollen 56 Prozent der Bevölkerung einen vollständigen Atomausstieg bis 2016 oder früher. Die Mehrheit will also einen schnelleren Ausstieg, als ihn selbst die Grünen fordern (2017) – aber in keinem Fall den Weiterbetrieb der letzten AKW bis 2022.
Wir fordern Euch nachdrücklich auf, der Atompolitik der Bundesregierung nicht zuzustimmen – und zwar aus folgenden Gründen:
1. Nach dem aktuellen Plan der Regierung sollen bis 2017 – dem Jahr, in  dem nach grüner Vorstellung das letzte AKW vom Netz gehen soll, nur zweivon neun verbleibenden Reaktoren stillgelegt werden. Sieben laufen weiter, sechs davon noch vier oder fünf Jahre länger. Keines davon ist nach dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission gegen Flugzeugabstürze gesichert. In jedem einzelnen kann jeden Tag die Kernschmelze eintreten.
2. Sechs AKW sollen damit noch mehr als zehn Jahre – über drei Bundestagswahlen hinweg – am Netz bleiben. Damit ist der Ausstieg nicht unumkehrbar, sondern das öffnet Tür und Tor für eine spätere Revision der jetzigen Beschlüsse.
3. Die Kanzlerin hat auf ihrer Pressekonferenz nach dem Gespräch mit den MinisterpräsidentInnen am Freitag erklärt, dass sie an der Regellaufzeit von 32 Jahren festhalten will und nicht – wie von Renate Künast kolportiert – auf 30 Jahre runtergehen wird.
4. Die Bundesregierung hat beschlossen, den Bau des Atommüll-Endlagers im dafür völlig ungeeigneten Salzstock Gorleben weiter voranzutreiben. Damit werden Tatsachen geschaffen, die es in Zukunft immer schwerer machen werden, Gorleben zu verhindern.
5. Es soll dabei bleiben, dass eines der besonders unsicheren AKW als sogenannte “Kaltreserve” in den nächsten beiden Wintern hochgefahren werden kann.
6. Die Senkung der Sicherheitsstandards in der Atomgesetznovelle wird nicht zurückgenommen. Eine Verbesserung des Sicherheitsstandards durch die Übernahme des neuen Kerntechnischen Regelwerks wird nach wie vor nicht verwirklicht.
7. Die Bundesregierung hat sich Konsensgesprächen sowohl mit den Grünen  als auch mit den Umweltverbänden verweigert.
All dies zeigt, dass die Kriterien für eine Zustimmung, die Ihr vor wenigen Tagen selbst aufgestellt habt, nicht erfüllt werden. Damit kann es kein grünes “Ja” geben.
Es würde die Glaubwürdigkeit der Grünen extrem beschädigen, wenn sie all dies mittragen. Ihr sagt von Euch, Ihr seid die Anti-Atom-Partei. Doch bei einer Zustimmung droht den Grünen das Schicksal einer bekannten Steuersenkungspartei, die die Erwartungen ihrer WählerInnen nicht erfüllen konnte.
Die Grünen müssen nicht springen, nur weil Rainer Brüderle ein Stöckchen hinhält.
Die Auseinandersetzung um die Atomenergie wird weitergehen, alleine schon deshalb, weil die großen Stromkonzerne in den nächsten Jahren alles dafür tun werden, dass ihre Gelddruckmaschinen doch noch länger in Betrieb bleiben können. Wir werden deshalb weiter auf der Straße gegen den Weiterbetrieb der AKW demonstrieren, auch weil die Risiken bis 2022 nicht kleiner werden, sondern in alternden Anlagen immer größer. Auf welcher Seite werdet Ihr dann stehen
Mit dem rot-grünen Atomkonsens gab es ein tiefes Zerwürfnis zwischen Grünen auf der einen und Bürgerinitiativen und Umweltverbänden auf der anderen Seite. In den letzten Jahren habt Ihr Euch als Oppositionspartei wieder als Teil der Anti-AKW-Bewegung verstanden, habt mit uns gemeinsam demonstriert und unsere Forderungen geteilt. Die Spaltung konnte weitgehend überwunden werden. Wir fordern Euch auf: Setzt diese Gemeinsamkeit nicht erneut aufs Spiel!
Nur wenn wir alle Kräfte bündeln, können wir einen schnelleren Ausstieg durchsetzen.
 
Mit sonnigen Grüßen
 
Jochen Stay
(Sprecher von .ausgestrahlt)
 
— Pressedienst von ausgestrahlt.de Für Rückfragen mailto:presse@ausgestrahlt.de oder im Internet unter: https://www.ausgestrahlt.de

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