Rechtsstaatsversagen beim Vorgehen gegen den zivilen Ungehorsam der „Letzten Generation“!

Stellungnahme von Mitgliedern der Orga-Gruppe der Unabhängigen Grünen Linken zu Versuchen, Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“ zu Schwerverbrechern zu machen:

Wer sich nicht an Gesetze hält, handelt kriminell und wird zur Verantwortung gezogen!

So interpretiert der Rechtsstaat in Form des bayerischen Landeskriminalamtes und der Münchner Staatsanwaltschaft die am 24. Mai 2023 durchgeführten Hausdurchsuchungen bei den Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“. Eine Beschwerde gegen eine frühere Razzia wurde bereits Mitte des Monats vom Landgericht Potsdam in Brandenburg abgelehnt. Privatwohnungen wurden nun erneut durchsucht, Gelder beschlagnahmt, Internet-Seiten gekapert und gesperrt.

Mit dem Vorwurf der kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB soll die „Letzte Generation“ unter Terrorismusverdacht gestellt werden. Seit Wochen wird eine aggressive Stimmung gegen den friedlichen zivilen Ungehorsam der „Letzten Generation“ geschürt. In Bayern wird eine Verschärfung der bereits existierenden Präventivhaft und das Verbot der Organisation gefordert. Berlins Innensenatorin Spranger hat sogar Verständnis für die Selbstjustiz von Autofahrern gezeigt. Dieses hysterische Vorgehen gegen die „Letzte Generation“ stellt einen Verfassungsbruch rechtsstaatlicher Institutionen dar, da das Bundesverfassungsgericht Blockadeaktionen als zulässige Demonstrationsform und von der Versammlungsfreiheit geschütztes Recht höchstrichterlich bestätigt hat. (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/03/rk20110307_1bvr038805.html)

Dieses Verhalten, die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit einzuschränken und strafrechtlich zu verfolgen, ist aus Unrechtsstaaten bekannt, jedoch einer Demokratie unwürdig und verfassungswidrig.

Denn die Verhältnisse sind umgekehrt: Die den Klimaschutz-verwässernden Mitglieder der letzten und der aktuellen Regierung sind die eigentlichen Kriminellen, denn SIE setzen die gültige Rechtslage inkl. verabschiedeter Gesetze zum Klimaschutz nicht um: Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts greift das Klimaschutzgesetz von 2019 zu kurz. Es fehlten ausreichende Vorgaben für die Emissionsminderung ab 2031, erklärten die Richter. Der Gesetzgeber muss nun nachbessern. (https://www.tagesschau.de/inland/klimaschutzgesetz-bundesverfassungsgericht-101.html). Doch statt danach mit Korrekturen gegenzusteuern, werden die Klimaschutzmaßnahmen ständig weiter verwässert und so unwirksam gemacht, u.a. zuletzt beim sog. Klimagipfel zur aktuellen Regierungspolitik: Im Verkehrssektor wurden die deutschen Klimaziele erneut verfehlt. Der zuständige Minister muss nach Angaben des Kanzleramts dennoch kein Sofortprogramm vorlegen. (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-04/bundesverkehrsminister-volker-wissing-kein-klima-sofortprogramm) Mit den Angriffen auf die „Letzte Generation“ wollen die Regierenden von ihren eigenen Versäumnissen in der Klimakrise ablenken.

Das sehen immerhin auch die Vereinten Nationen so: Auf die Kriminalisierung der falschen Seite in Deutschland haben sie mit einer ungewohnt deutlichen Stellungnahme reagiert. Das Büro von Guterres sagte der Deutschen Presse-Agentur: Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je. (https://unric.org/de/letzte-generation-26052023/)

Wenn unser grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck die Aktionen der „Letzten Generation“ als die „Radikalisierung der Wenigen“ kritisiert und der grüne Bundesvorstand sich von dieser Protestform distanziert, so verkennen sie das grundgesetzlich geschützte Recht auf friedlichen zivilen Ungehorsam. Nicht die Kritik und Verurteilung der Aktivitäten der „Letzten Generation“ ist der richtige Weg des Umgangs mit ihnen: Im Gegenteil müssen die Politiker*innen auf sie zugehen, ihre Forderungen unterstützen und umsetzen und mit ihnen Vereinbarungen treffen: Der grüne Oberbürgermeister von Hannover Belit Onay macht es vor, denn die Forderungen der „Letzten Generation“ sind legitim und erfüllbar (Tempolimit, 9-Euro-Ticket und Gesellschaftsrat).

Vor dem Gesetz sind alle gleich: Im Zug der in einer funktionierenden Demokratie dringend erforderlichen Gleichbehandlung von Kriminellen (https://dejure.org/gesetze/StGB/129.html) fordern wir die zuständigen rechtsstaatlichen Organe daher auf, umgehend Maßnahmen gegen verdächtige Regierungsmitglieder und deren ausführende Organe in den Amtsstellen zu veranlassen, um den laufenden kriminellen Handlungen Einhalt zu gebieten. Inwieweit HIER die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vorliegt, ist umgehend zu prüfen.

Karl-W. Koch
Klemens Griesehop
Detlef Wilske
Simon Lissner

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