Antje Vollmer ist am 15. März im Alter von 79 Jahren viel zu früh gestorben. Einige von uns hatten das Glück, sie persönlich kennenzulernen. Uns allen wird sie fehlen.
Antje war seit den frühen Jahren ab Mitte der 1980er bei den Grünen aktiv und prägte die Partei in einer Weise, für die ihr Dank und höchste Anerkennung gebührt. Dabei folgte sie, die studierte Theologin, ihrem ausgearbeiteten ethischen Kompass. Eine besondere Qualität bestand darin, dass sie aus tiefem Humanismus die restriktive Beantwortung gesellschaftlicher Missstände ablehnte. So wirkte sie in jungen Jahren an der Heimkampagne mit, engagierte sich als gestandene Bundestagsabgeordnete für den Dialog mit Mitgliedern der RAF und stellte sich als eine der Wenigen nach den Anschlägen auf das World Trade Center gegen den „War on Terror“. Antje ließ sich nicht beirren, sich gegen die Entmenschlichung des Gegenübers einzusetzen, sie, die allen Menschen Würde zugestand. Nicht viele trauen sich das.
Seit Jahren warnte sie davor, das Verhältnis zu Russland eskalieren zu lassen und forderte stattdessen einen neuen Dialog. Auch nach der Zuspitzung des Konfliktes zum offenen Krieg stellte sie sich mit ihren frühen öffentlichen Äußerungen darüber, dass dieser Krieg eine Vorgeschichte hat, mitten ins Feuer, als dort noch wenige standen. Sie hob gegen geschichtsvergessene moralische Selbstüberhöhung der NATO-Staaten die Rolle der Gesellschaften des Globalen Südens – als Akteure, nicht als Gefolgschaft – hervor. Auch würdigte sie explizit die friedliche Reaktion der Sowjetunion auf die Proteste, die Ende der 1980er zu ihrem Untergang führten. Beide Seiten zu betrachten und sich gegen die Abwertung von „Feinden“ zu verwahren, zeigte gerade hier ihren tiefen humanistischen Impetus, weil sie ihre Positionen gegen den Strom vertrat. Dieser Wille Antjes zu Rationalität und Aufklärung gegen die Gewalt der Kriegspropaganda war bewegend und eine der Quellen, aus denen wir und andere in den letzten Jahren für unsere Friedensaktivitäten schöpfen konnten.
Antjes Intellekt und ihre Leidenschaft für den Frieden in der Partei stärker willkommen zu heißen, wäre heilsam gewesen. Eine beachtliche Stärke ihrer pazifistischen Position kommt darin zum Ausdruck, dass sie gegen Versuche der Vereinzelung und trotz schwerer Krankheit bis zuletzt weiterhin publizistisch dafür gewirkt hat, dass sich auch die deutsche Friedensbewegung und die eigene Partei ein Beispiel an den Bewegungen des globalen Südens nehmen und sich für globale Gerechtigkeit einsetzen. Vor wenigen Wochen verfasste sie ein politisches Vermächtnis. Darin schreibt sie: „Heute aber gilt: Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planenten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.“
Wir sind voller Hochachtung und Respekt vor ihrem Tun und werden ihr Erbe bewahren und fortsetzen.
1 Kommentar
Guten Tag,
ich bin Frau Vollmer sehr dankbar für ihre klare pazifistische Position und der Achtung der Würde des Gegenübers. Ich würde mir von den Grünen wünschen, dass sie auch im Ukraine-Konflikt einen gewaltfreien Dialog anstreben würden anstatt die Waffen sprechen zu lassen.