Offener Brief zu NEUE ZEITEN. NEUE ANTWORTEN. FEMINISMUS WIRD PROGRAMM.

Lieber Bundesvorstand, lieber Frauenrat,                                                                      20.7.2018
mit einer groß geschriebenen Schlagzeile ruft uns die Einladung zur diesjährigen Bundesfrauenkonferenz zu: NEUE ZEITEN. NEUE ANTWORTEN. FEMINISMUS WIRD PROGRAMM. Unter dem Namen „Feministischer Zukunftskongress“ wird am 7./8. September 2018 nach Leipzig eingeladen. Kämpferisch heißt es im Einladungstext weiter: „Feminismus ist aktuell, Feminismus ist in Bewegung und bringt Strukturen zum Wanken!“
Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass diese Bundesfrauenkonferenz nach dem Startkonvent der nächste große Meilenstein auf dem Weg zum neuen grünen Grundsatzprogramm ist. Zwei Tage lang sollen diverse, kontroverse und zukunftsweisende Debatten geführt werden, die zu aktuellen und grundsätzlichen feministischen Fragestellungen führen sollen. Als Ziel wird eine solidarische und geschlechtergerechte Gesellschaft genannt.
Weitere Fragen beziehen sich auf ein inklusives Konzept, auf zwischen den Geschlechtern gerechte Verteilung der unsichtbaren Arbeit, Veränderungen durch Digitalisierung, Selbstbestimmung in der Reproduktionsmedizin und internationale Care-Politik. Diese Konferenz soll der Ort sein, Feminismus weiter zu entwickeln und queerfeministische Errungenschaften zu feiern.
Spätestens hier müssten sich Grünen die Fragen stellen: Was wird hier als Feminismus bezeichnet? Welche Strukturen sollen wanken?
Der im grünen Frauenstatut beschriebene Feminismus mit seiner Mindestquotierung kann damit nicht gemeint sein: Er weist weit über Geschlechtergerechtigkeit hinaus in die Utopie einer befreiten Gesellschaft.
Bei kritischer Textlektüre und Blick auf die geladenen Gäste wird erkennbar, dass es kein Verständnis mehr für diesen gar nicht bunten und im Bestehenden überhaupt nicht solidarischen feministischen Ansatz des grünen Frauenstatuts, der sich der Gleichheit der Geschlechter sicher ist, gibt. Hier geht es nicht mehr um Feminismus!
Bereits im Ankündigungstext wird mit Begriffen wie inklusiv, bunt und geschlechtergerecht gegen den Gleichheitsansatz angeschrieben. Diese inklusiven, kulturellen Konzepte erklären am Ende alle Handlungen von Frauen zu Feminismus, loben traditionelle und religiöse Zwänge als weibliche Kultur und solidarisieren sich mit Unterdrückung. Schwesterlichkeit jedoch ist Kampf gegen das Patriarchat! Differenzfeministische Ansätze sind abgewürgter Feminismus!
Feminismus wäre auf der revolutionären Basis des Frauenstatuts weiter zu entwickeln und müsste deutlich machen: Feminismus geht alle an! Feminismus hätte aktuell aufzuzeigen, wie soziale und ökonomische Ungleichheit, Unterdrückung, Ausbeutung und transzendente Legitimation der bestehenden Verhältnisse der Befreiung entgegenstehen. Feminismus hätte klar zu stellen, dass die Utopie einer befreiten, gerechten und friedlichen Gesellschaft zwingend eine feministische ist. Der im Text angedeutete angeblich feministische Ansatz erinnert noch nicht einmal mehr daran, er leidet nicht und die Antwort ist nicht neu. Seine Begründung ist uralt und er wird heute von denjenigen vertreten, die die Gleichheit von Mann und Frau in Frage stellen.
Wir sehen nicht, wie mit den eingeladenen Gästen Feminismus tatsächlich voran getrieben werden kann. Wir befürchten, dass stattdessen der Begriff Feminismus mit divergierenden, queeren Konzepten zerredet, relativiert und im Kern aufgegeben wird. Wir fordern, hier radikal feministisch zu denken und neue Antworten nicht hinter das grüne Frauenstatut zurückfallen zu lassen und mit reaktionären Konzepten zu konterkarieren.
Wir wünschen den vielen angekündigten Teilnehmerinnen, dass sie neue kämpferische, revolutionäre Antworten finden, die unsere Zeit dringend nötig hat – angesichts der antifeministischen, religiösen Unterdrückung von Männern und Frauen, wie wir sie aktuell wieder im Islam vorgeführt bekommen. Feminismus ohne schmerzhafte Kritik, Feminismus als Solidarität mit Unterdrückung und Opferkult kann uns gestohlen bleiben!
 
 
In diesem Sinne hoffen wir auf Eure Unterstützung und
verbleiben mit feministischen Grüßen,
 

Doro Meuren, KV Neckar-Bergstraße

Krystyna Grendus, KV Odenwald-Kraichgau

Ruth Birkle, KV Karlsruhe-Land

Barbara Hanning, KV Hagen

Gabi Aumann, KV Karlsruhe-Land

Karola Blume-Kullmann, KV Ettlingen

Gisela Weih, KV Solingen

Inge Ganter, KV Karlsruhe-Land

Uli Ehren, KV Rheinisch Bergischer Kreis

Evelin Steinke-Leitz, KV Karlsruhe-Land

Carola Eichbaum, KV Rheinisch Bergischer Kreis

Sabine Kahle, KV Biberach

Alexandra Kaiser, KV Karlsruhe-Land

Annette Muggenthaler, KV Karlsruhe

Sonja Rothweiler, KV Karlsruhe-Land

Memet Kilic, KV Odenwald-Kraichgau

Werner Hager, KV Rheinisch Bergischer Kreis

Jürgen Klippert, KV Hagen

Michael Körner, KV Ettlingen

Hans-Jürgen Klein, KV Rheinisch Bergischer Kreis

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