„Beitrag“ ehemaliger RSK-Mitglieder zur Laufzeitverlängerung

Drei ehemalige Mitglieder der RSK (Reaktorsicherheitskonferenz) nehmen Stellung gegen die Haltung der Umweltministerin Lemke.  Bei einer Laufzeitverlängerung müsse die ausgesetzte PSÜ (10-jährige Sicherheitsüberprüfung, bei den diskutierte AKWs ausgesetzt wegen der Laufzeitbegrenzung bis Ende 2022), nicht nachgeholt werden: „Das Aussetzen der normalerweise fälligen PSÜ war nach § 19a Abs. 2 AtG Atomgesetz zulässig. Damit hat der Gesetzgeber de facto festgestellt, dass auch bei Überschreiten der 10-Jahres-Intervalle gravierende Sicherheitsdefizite nicht unmittelbar zu besorgen sind.

§ 19a Abs. 2 AtG Atomgesetz: Die Pflicht zur Vorlage der Ergebnisse einer Sicherheitsüberprüfung und Bewertung entfällt, wenn der Genehmigungsinhaber gegenüber der Aufsichtsbehörde und der Genehmigungsbehörde verbindlich erklärt, dass er den Leistungsbetrieb der Anlage spätestens drei Jahre nach den in Anlage 4 genannten Terminen endgültig einstellen wird. Die Berechtigung zum Leistungsbetrieb der Anlage erlischt zu dem Zeitpunkt, den er in seiner Erklärung nach Satz 1 benannt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten im Falle des Absatzes 1 Satz 3 entsprechend.

Mit dieser Argumentation schießen sich die drei Spezialisten gleich im ersten Absatz ins Knie! Die dahinter steckende Logik: Weil der Gesetzgeber einmal ausnahmsweise eine Überziehung der Sicherheitsüberprüfung geduldet hat mit der Begründung, dass danach der Betrieb endgültig eingestellt wird, kann auch nach diesen genehmigten drei Jahren wieder beliebig weiter überzogen werden. Die Reaktion eines Vertreters von „Moskau Inkasso“, wenn ein Schuldner so argumentiert, würde ich gar zu gern einmal live erleben…

Ausstehende PSÜ kein Problem?

Was dieses unseriöse Geschwafel  an Aussagekraft hat, (und welche Absicht verfolgt wird: „3 bis 5 Jahre“) erschließt sich dem informierten Leser schnell. Die Argumentation („1. Keine der bislang vorliegenden PSÜ hat dazu geführt, dass die betroffenen Anlagen zur Umsetzung der resultierenden sicherheitstechnischen Empfehlungen abgefahren werden mussten.“) liegt auf dem Niveau des Mannes, der vom Hochhaus fällt. Als er das erste Stockwerk auf dem Weg nach unten passiert, stellt er sachlich (!) fest: „Naja, bisher ist das ja alles gut gegangen.

Eine der großen Gefahren liegt eben in der Korrosion des im Inneren verbauten Stahls. DER wird mit zunehmender Laufzeit und zunehmender Strahlungsbelastung eben zunehmend poröser und reißt dann irgendwann. Das lässt sich nicht bei Inspektionen von außen feststellen, sondern dabei muss der Reaktor „auseinander genommen“ werden. Das Problem zeigen aktuell u.a. etliche französische Mailer: Zitat: „Die Schäden wurden erstmalig im Rahmen der alle zehn Jahre stattfindenden Sicherheitsprüfungen des Druckwasserreaktors von Civaux-1 festgestellt.“ Und die GRS ist keine Anti-Atom-Initiative.

Die letzte PSÜ:

An Überheblichkeit kaum noch zu überbieten: „Es kommt entscheidend hinzu, dass die Kompetenz der RSK über Beratungsaufträge des BMU für die Bewertung wichtiger sicherheitstechnischer Fragestellungen von generischer Bedeutung konsequent genutzt worden ist.

Für die Aussage „Die letzte PSÜ für eine Konvoi-Anlage fand 2016, also vor weniger als 10 Jahren, für das KKW Neckarwestheim II“ wird kein Beleg genannt, es findet sich auch keiner im Netz.

Kernpunkt der Kritik ist, dass die drei AKW-Blöcke Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 seit 13 Jahren nicht mehr umfänglich sicherheitstechnisch überprüft worden sind. Die letzte „Periodische Sicherheitsprüfung“ (PSÜ), die eigentlich mindestens alle zehn Jahre erfolgen soll, habe 2009 stattgefunden, und zwar nach Sicherheitsanforderungen aus den 1980er Jahren. (Quelle 1) (Quelle 2)

AKW Isar 2 seit 13 Jahren nicht mehr umfänglich geprüft worden. Die letzte periodische Sicherheitsprüfung (PSÜ), die mindestens alle zehn Jahre erfolgen muss, fand 2009 und nach Anforderungen aus den frühen 1980er Jahren statt. (Quelle)

Dazu kommt:  Seit 2014 gelten bei der Erteilung neuer Genehmigungen auch europaweit erhöhte Anforderungen an die Sicherheit von Atomkraftwerken. Denn auch unsere Nachbarn haben einen Anspruch darauf, vor den Gefahren deutscher Atomkraftwerke möglichst gut geschützt zu werden. (Quelle: BASE)

3 von wieviel Dutzend?

Übrigens: Die RSK (https://www.rskonline.de/de/mitglieder) besteht aus 12 (!) Mitgliedern, die für jeweils 3 Jahre berufen werden. Wiederwahl ist möglich. Welche Aussagekraft dann der Brief von „3 ehemaligen RSK-Mitgliedern“ hat, die sich sicherlich um mehr Unterschriften bemüht haben, ist eindeutig.

Weiteres zum Streckbetrieb:
https://gruene-linke.de/2022/08/07/auch-ein-streckbetrieb-ist-unverantwortlich/

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://gruene-linke.de/2022/09/03/laufzeitverlaengerung_ohne_ueberpruefung/

1 Kommentar

    • A. Zühlke auf 6. September 2022 bei 12:57
    • Antworten

    Anstatt hier die Aussagekraft des offenen Briefes von drei ehemaligen RSK-Mitgliedern in Frage zu stellen, sollte man doch besser der Frage nachgehen, warum die amtierende RSK nicht vom BMUV zu den sicherheitsrelevanten Fragen eines Weiterbetriebs der AKW befragt wurde. Denn schließlich werden ja immer wieder Zweifel an der Sicherheit der AKW ins Feld geführt. Also müsste man doch diese Fragen als zuständiges Minsterium auch von seinem Beratergremium oder aber von seiner Gutachterorganisation bewerten lassen – so wie in der Vergangenheit auch.
    Genau das fordern die Brief-Autoren.
    Da mutet der letzte Satz in der obigen Information schon etwas merkwürdig an. Wenn damit suggeriert werden sollte, dass die Bewertung der amtierenden RSK ganz anders ausfallen könnte als die der drei Brief-Autoren, dann wäre es ja wohl auch kein Problem für das BMUV, sich seine Position von der RSK bestätigen zu lassen.
    Und wenn jemand in der Sache bessere Vorschläge als die Brief-Autoren dazu hat, welchen Fragen die RSK nachgehen soll, dann möge er sie in die Debatte einführen.

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