Die Grünen und Atomenergie

Karl-Wilhelm Koch, 30.7.2022

Die derzeitige Debatte um Laufzeitverlängerung ist falsch, unsinnig und nicht zielführend. Und dass führende Grüne sie jetzt befeuern, ist schlicht dumm!

Deutschland hat den Ausstieg aus der Atomenergie 2011 aufgrund der unberechenbaren Sicherheitsrisiken beschlossen.

Die AKW sind heute elf Jahre älter und haben allesamt eine  Betriebsdauer von 30 Jahren weit überschritten. Die letzte periodische Sicherheitsprüfung, mindestens alle 10 Jahre vorgeschrieben, fand 2009 und nach Sicherheitsanforderungen aus den 1980er Jahren.

Problem 1: Fehlender Nutzen

Unter Fachleuten ist weitgehend unumstritten, dass eine mögliche Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Atomkraftwerke (AKWs) bezüglich des drohenden Ausfalles von Gaslieferung praktisch nichts bewirken wird. Ein Weiterbetrieb der drei AKWs wurde ganze 1% (in Worten: EIN Prozent!) des Erdgas-Verbrauches ersetzen.[1] Erdgas wird überwiegend substanziell für chemische Prozesse (u.a. zur Herstellung von Düngemitteln und Kunststoffen) und für die Wärmegewinnung genutzt. Der drohende Ausfall bei der Stromproduktion kann und wird durch Zuschaltung von reaktivierten Reserve-Kohlekraftwerken ausgeglichen. Atomenergie „kann“ weder chemische Prozesse noch Wärme. „Ein Tempolimit könnte (dagegen) fünf bis sieben Prozent der russischen Ölimporte reduzieren„, schätzt die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).[2]

Problem 2: Sicherheit

Jede Tag Laufzeitverlängerung ist sicherheitstechnisch ein Balance-Akt. Deutschland ist bereits in der Vergangenheit mehrfach schwere Atomunfällen nur knapp entgangen. Bedienfehler und Regelverstöße hätten z.B. 1987 in Biblis fast zu einer Kernschmelze und somit zu einem GAU geführt.[3] Altersbedingt steigt täglich die Gefahr von Rissen im Stahl durch Versprödung aufgrund der Strahlung. Fachleute rieten schon 2000 zu einer Laufzeitbegrenzung auf 25 Jahre.[4] Die jetzt diskutierte AKWs haben eine Laufzeit von 33 bzw. 34 Jahren hinter sich. Eines der zur Verlängerung anstehenden AKW (Neckarwestheim) ist von Rissen betroffen.[5]

Anders als in Fukushima[6] sind deutsche AKWs praktisch nicht gegen Erdbeben gesichert. Neckarwestheim z.B. liegt in einem Erdbeben gefährdeten Gebiet. Im 80 km entfernten Balingen gab es am 9.7.2022 ein Beben der Stärke 4.[7] Auch außerhalb der als „Erdbeben-gefährdeten Gebiete“ treten immer wieder unvorhergesehene Beben auf.[8]

Gerade der aktuelle Krieg in der Ukraine zeigt, dass AKW auch Kriegsziele sind und die Kriegsparteien (hier Russland) keinerlei Konventionen einzuhalten gedenken. Das zeigt sich in Tschernobyl wie auch gerade wieder aktuell in Saporischja[9]. Sicherheit bei militärischer Konfrontation gibt es genauso wenig wie vor Terroranschlägen (s. Belgien[10]). Im nicht auszuschließenden Fall einer (auch falls nur konventionellen) Ausweitung des Russland-Ukraine-Krieges wären auch die drei verbleibenden deutschen AKWs mögliche Kriegsziele.

Problem 3: Technik

Bisher ist von technischen Problemen einer Laufzeitverlängerung überhaupt noch keine Rede gewesen, und dennoch wird jede*r Normaldenkende hier die Diskussion beenden. Aber gehen wir mal in die „Technik“ und „Wirtschaftlichkeit“:

  • Was ist mit den unabdingbar notwendigen neuen Sicherheitsüberprüfungen vor einer Laufzeitverlängerung?[11]
  • Sind die alten Brennstäbe noch verwendbar (größtenteils vermutlich nicht, da sie auf das Enddatum kalkuliert waren)? Nein![12]
  • Woher kommen neue Brennstäbe und vor allem – wie schnell? Voraussichtlich erst in einigen (bis zu 12) Monaten, selbst wenn Russland (preiswertester Anbieter) nicht außen vor wäre.
  • Was ist mit dem Personal, das sich zum 1.1. schon neue Jobs gesichert hat? (Die Mannschaften für die Stilllegung und Rückbau haben andere Ausbildungen und Qualifikationen als die Bedienmannschaften.) Sicherlich werden die für drei bis sechs Monate Verlängerung einen gut bezahlten neuen Job dann nicht antreten … ?
  • Wie sicher ist grundsätzlich die Versorgung mit Atomstrom? Gerade die aktuelle Hitzewelle zeigt die Probleme[13]
  • Der jetzt hochgejazzte „Streckbetrieb“ als Superlösung aller Probleme ist nicht andere, als ein Einsparen von Stromproduktion jetzt (wohlgemerkt in der Phase, in der Frankreichs AKW gerade „den Geist aufgeben“) und ersetzen durch Gas, Öl oder Kohle (die wir alle auch nicht haben), um dann im Winter ab Januar noch Atomstrom „übrig“ zu haben. Nutzen? Null! Gefahren, wie bei allen anderen Verlängerungen der Laufzeit. Kosten nicht absehbar.[14] Eine weitere Gefahr: Ist die Schwelle erstmal überschritten, wird es bei den Lindners, Söders und anderen kein Halten mehr geben: „Wenn DAS geht, auch mit den Grünen, DANN geht auch mehr!“
  • Ausgerechnet der TÜV Süd legt ein Gutachten vor, dass die Ungefährlichkeit des Weiterbetriebes belegen soll. Vorwürfe der „Schlampigkeit“ bei der Untersuchung werden nicht nur von Greenpeace[15] und dem BUND[16] Selbst der Bayrische Rundfunkt stimmt ein.[17] TÜV Süd … war da nicht mal was mit einem Gutachten? Achja, ein gebrochener Damm in Brasilien mit 270 Toten und 400 Mio US-$-Schaden …[18] Aber Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwangermeint „… auf den TÜV Süd ist wohl überwiegend Verlass“[19]

Problem 4: Fehlende Versicherung

  • Wer übernimmt die Versicherung für den Weiterbetrieb? Die Betreiber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht, sie kennen das Risiko.[20]
  • Ein versicherungsmathematisches Institut hatte die risikoadäquaten Prämien einmal errechnet: 19,5 Milliarden Euro pro Jahr für jedes AKW.[21] Versichert sind die deutschen AKWs jeweils (nicht pro Jahr) mit 2,5 Mrd., Deckung auf Gegenseitigkeit der Betreiber, kein Versicherungsunternehmen weltweit war bereit, das Risiko zu übernehmen.

Problem 5: Atommüll

Im Grunde sind bisher alle deutschen AKWs, spätestens ab dem 23. August 2015 rechtswidrig betrieben worden. Für ihre Genehmigung wäre eine „effektive Entsorgung“ die nötige Voraussetzung. Die staatliche Schutzpflicht verlangt einen effektiven Schutz vor den Risiken der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Das schließt die Bewahrung vor Gefahren ein, die aus radioaktiven Abfällen resultieren. U.a. Art. 2 Abs. 2 c (2) gebieten damit eine effektive Entsorgung im Wege der Endlagerung.[22] Dies wurde mit der „Zusage“ ausgetrickst, bis 2031 einen Plan (!) für den Bau eines Endlagers vorzulegen, allerdings erkauft in den politischen Verhandlungen durch die gesetzlich festgeschriebene Zusage, den Betrieb der AKWs am 31.12.2022 endgültig zu beenden.[23] Wird diese Zusage gebrochen, steht wieder der Kompromiss bzgl. der Endlagerfrage offen und muss neu verhandelt werden. Damit wäre ein Weiterbetrieb zunächst juristisch wahrscheinlich nicht zulässig. Vermutlich wird es in diesem Sinn zu Klagen kommen

Problem 6: Rechtliche Grundlagen

Danach (Anm. der Red.: nach dem 31.12.2022) fehlt die Genehmigung zum Leistungsbetrieb. Um den dennoch zu gewährleisten, wäre eine Änderung des Atomgesetzes notwendig. Das ist nicht mal eben gemacht. Denn dazu müssen viele wichtige Fragen in vielen Gesetzen geklärt werden: Dazu gehören Haftungsfragen, und wer trägt eigentlich die Verantwortung für den zusätzlichen Atommüll? Es bräuchte eine Neubewertung der Entschädigungsregelungen und neue Zahlungsverpflichtungen an den staatlichen Fond für größere Atommüllmengen. Außerdem fehlt eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung.“[24]

Problem 7: Proliferation

Bei allen derartigen Betrachtungen fehlt immer noch der Hauptgrund einer Verweigerung des Weiterbetriebes: Die Proliferation: Ein AKW-Betrieb braucht und produziert immer atomwaffenfähiges Material. Wie „sorgsam“ das Musterland Deutschland damit in der Vergangenheit umgegangen ist, zeigen z.B. die 28 kg Plutonium, die in der Asse gefunden wurden und deren Herkunft m.W. bis heute nicht geklärt ist.[25] Allein die heutigen Atomwaffenstaaten Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea, die fast-Atommacht Iran und die Möchtegerne wie Türkei, Saudi-Arabien, Ägypten und die VAE – alle illegal und ohne Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag (NVV) – legen jedem nahe, von der Technik, die derartige Risiken produziert, schnellst möglich die Finger zu lassen.

Problem 8: Politische Zielsetzung?

Letztlich stellt sich die Frage nach der Politik: Die FDP/Regierungspartei, Mitglied der „Ampel“ (und die Union in der Opposition) fahren aktuell eine regelrechte Kampagne zur Laufzeitverlängerung. Während das Bestreben der Union also Opposition irgendwo noch nachvollziehbar ist, bleiben bei der FDP nur Fragezeichen. Will sie ihre Umfrageverluste durch ein Vorführen als Umfallerpartei verbessern? Erste Reaktionen[26],[27],[28] scheinen ihr dabei Erfolg zu versprechen. Dass Ricarda Lang als Bundesvorsitzende die Zusammenhänge nicht kennt und/oder nicht versteht, mag noch nachvollziehbar sein, dass ein Quertreiber wie Boris Palmer meint auf den Zug aufspringen zu müssen, war fast absehbar, aber dass eine gestandene Atompolitikerin wie Rebecca Harms die Zusammenhänge nicht erkennt, ist nicht nachvollziehbar und kann uns noch gewaltig auf die Füße fallen.

Fazit

Für die Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es keine glaubwürdige Alternative als jegliche Verlängerung der AKW-Laufzeit weiter abzulehnen und als Regierungspartei zu verhindern. Das hat nichts mit „Ideologie“ zu tun, wie politische Gegner rausposaunen, sondern ist lediglich die Umsetzung von gültigem Recht, Vernunft aufgrund vorliegender Erkenntnisse und Verantwortung gegenüber den jetzt lebenden Menschen und den künftigen Generationen. Alles andere , jedes noch so kleines Zugeständnis kann uns viel Geld und im worst case Menschenleben und Gesundheit kosten. Falls der politische Gegner in der Ampelkoalition meint dies durchsetzen zu müssen, lasst sie es versuchen.

 Dipl. Ing. (chem. FH) Karl-W. Koch war von 2011 bis 2020 fast 10 Jahre lange der Koordinator des Arbeitskreises „Atomenergie“ in der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Er ist der Verfasser des Buches „Störfall Atomkraft“.

[1]      https://www.focus.de/finanzen/news/neue-berechnungen-zeigen-verlaengerung-von-atomkraftwerken-ersetzt-nur-ein-prozent-des-erdgasbedarfs_id_111595477.html

[2]      https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/einsparpotenzial-tempolimit-101.html

[3]      https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-622.html

[4]      https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/laengere-akw-laufzeiten-forscher-warnen-vor-poroesen-altmeilern-a-718739.html

[5]      https://www.zeit.de/news/2021-07/08/risse-an-atomkraftwerk-rohren-entdeckt-ministerium-beruhigt

[6]      Fukushima war gegen Erdbeben etwa der Stärke 8 ausgelegt, das Beben 2011 hatte allerdings eine Stärke deutlich über 9.

[7]      https://www.volcanodiscovery.com/de/erdbeben/erdbeben-info/6896151/mag4quake-Jul-9-2022-Germany.html

[8]      https://www.google.com/search?q=erdbebengefahr+usa+ostk%C3%BCste&newwindow

[9]      https://www.nzz.ch/international/ukraine-russland-beschiesst-staedte-von-atomkraftwerk-aus-ld.1693940?mktcid=nled&mktcval=102&kid=nl102_2022-7-18&ga=1

[10]     https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bruessel-terrorgefahr-in-belgischen-atomkraftwerken-a-1083825.html

[11]     „Wegen des Atomausstiegs bis Ende 2022 seien seit 2009 die vorgeschriebenen periodischen Sicherheitsüberprüfungen (Anm. der Red.: die seit 2019 hätte stattfinden müssen) ausgesetzt worden, betonte Niehaus. Diese könnten nun auch nicht kurzfristig nachgeholt werden, da sie sich über Jahre hinziehen würden. Hinzu komme, dass die Planungen der Betreiber und die Beschaffungen der Ersatzteile und das Personal auf den bisherigen Zeitplan ausgerichtet seien – all dies sei entscheidend für die Sicherheit.“ Quelle: https://www.rnd.de/politik/umweltministerium-laengere-atomlaufzeiten-bedeuten-risikoerhoehung-APBWWDSGW5USLAQWDPVUVZYAJI.html

[12]   https://www.zdf.de/nachrichten/politik/atomkraftwerke-weiterbetrieb-laufzeiten-brennstaebe-brennelemente-100.html

[13]   https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/frankreich-atomenergie-hitze-unsicherheit-100.html und
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/greenpeace-hitzewelle-zeigt-dass-akws-nicht-zuverlassig-sind-66226247

[14]     https://jungle.world/artikel/2022/30/stresstest-streckbetrieb-und-andere-grosse-ideen

[15]     https://www.zdf.de/nachrichten/politik/klima-akw-laufzeiten-tuev-gutachten-greenpeace-100.html

[16] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/atomkraft/atomkraft_atomstudie_laufzeitverlaengerung_2022.pdf

[17]     https://www.br.de/nachrichten/bayern/akw-isar-2-gutachten-wirft-tuev-befangenheit-bei-bewertung-vor,TCx43tZ

[18]     https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tuev-sued-brasilien-damm-1.5513247

[19]     https://www.br.de/nachrichten/bayern/akw-isar-2-gutachten-wirft-tuev-befangenheit-bei-bewertung-vor,TCx43tZ

[20]   Interview mit Heinz Smital, Kernphysiker und Greenpeace-Experte für Atomenergie am 21.7.2022, https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/laufzeitverlaengerung-akw

[21]   https://www.versicherungsforen.net/schaden-leistung/berechnung-einer-versicherungspraemie-fuer-kkw

[22]   https://www.gesetze-im-internet.de/atg/AtG.pdf

[23]   U.a.: https://www.base.bund.de/SharedDocs/Downloads/BASE/DE/broschueren/bfe/zwischenlager-broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=19

[24]     Interview mit Heinz Smital, Kernphysiker und Greenpeace-Experte für Atomenergie am 21.7.2022, https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/laufzeitverlaengerung-akw

[25]     https://www.bund.net/themen/atomkraft/atommuell/hintergrund/asse/

[26]     https://www.n-tv.de/politik/Gruenen-Chefin-Ricarda-Lang-weicht-erstmals-Position-zu-Laufzeit-von-Atomkraftwerken-auf-article23470784.html

[27]     https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-atomkraftwerk-isar-2-laufzeitverlaengerung-gas-krise-1.5625375

[28]     https://www.fuldainfo.de/gruene-ringen-um-atomkraft-verlaengerung/

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2 Kommentare

  1. Zweite Rückmeldung von selben Schreiber:
    ich verstehe die Empörung nicht.
    Eine Laufzeitverlängerung ist absolut richtig und das Gebot der Stunde. Wollen wir stattdessen ernsthaft Kohle verfeuern bis wir die Erneuerbaren soweit ausgebaut haben, dass wir beide Energieträger nicht mehr brauchen? Ich erinnere bei dieser Gelegenheit daran, dass wir gerade einmal einen erneuerbaren Anteil am Strommix von etwas über 40% haben und das ist nur der Strom! Im Jahre 2026 sagen manche Prognosen schon eine Überschreitung der 1.5 Grad Erderwärmung voraus. Mit euren Ideen wird es vielleicht noch schneller gehen. Glückwunsch! Ich kann diese Debatte nicht nachvollziehen! Das ist unverantwortlich und verstörend!

    Auch hierzu meine Antwort:
    nochmals zu deinem Unverständnis, mit einem völlig anderen Argument: Der Ausstieg 2022 war ein mühsam erarbeiteter, schwieriger Kompromiss, den auch die grüne Partei mitgetragen hat. Dazu würde u.a. das Atomgesetz geändert und die gesamte diesbzgl. Rechtslage umgekrempelt, u.a. m.E. mit schweren Fehlern, auch von grüner Seite (Entschädigung der Unternehmen, Finanzierung des Endlagers …). Aber als Demokrat trage ich das mit. DAS erwarte ich aber auch von allen anderen. Aus einer zugegeben schwierigen Ausgangslage heraus das Ganze jetzt wieder an EINEM Punkt aufdröseln zu wollen, und alle anderen sollen gefälligst so bleiben, wie vereinbart, geht (nicht nur) nach meinem Rechtsverständnis nicht. Und es wird daher mit Sicherheit Klagen dagegen geben, die das Ganze so verzögern, dass es eh nicht funktioniert und nur Geld kostet, uns, die Steuerzahlenden. Gleichzeitig mit verheerendem Signal nach innen und außen: Da, seht die Deutschen … machen also doch mit Atomkraft weiter, ist also doch harmlos, und: Da seht, die Grünen tragen das mit, ist also doch harmlos. NEIN, ist es nicht!

  2. Eine Rückmeldung auf dem GL-Debatteverteiler:
    „Die wichtigste gesellschaftliche Frage lautet, wie kriegen wir die CO2 Emissionen runter. Bei diesem Wettlauf gegen die Zeit haben wir leider keine guten Optionen mehr, weil wir es nicht mehr schaffen werden die Erneuerbaren schnell genug auszubauen. Dies wurde in den vergangenen Jahrzehnten unter Merkel versäumt. Wer jetzt also sagt Atomkraftverlängerung ist tabu, der spricht sich indirekt für das Reaktivieren von Kohlekraftwerken aus und spricht sich damit für die schlimmst mögliche Klimapolitik aus. Wir haben jetzt für ideologische Borniertheit keine Zeit mehr. Dafür ist die Lage viel zu ernst. Die größte Bedrohung für unsere Zukunft geht von Kohlekraftwerken aus. Das ist doch völlig unstrittig.“

    Meine Antwort:
    hallo xy
    nein, das ist nicht unstrittig. Eine Katastrophe wie in Fukushima z.B. in Cattenom würde Mosel- und Rheintal sowie Teile der Eifel und des Hunsrücks (von Frankreich ganz zu schweigen) auf Jahrzehnte unbewohnbar machen. Der volkswirtschaftliche Schaden würde Deutschland in die Größenordnung eines Entwicklungslandes zurückbomben. Japan hat das Riesenglück gehabt, dass Fukushima am Meer liegt (ja, Glück, u.a. auch weil nicht der Tsunami die Katastrophe ausgelöst hat, sondern das Erdbeben. Der Tsunami hat das ganze „nur“ deutlich beschleunigt) und der Wind „richtig“ stand, nämlich bis auf 1,5 Tage (in den eigentlich Groß-Tokio hätte evakuiert werden müssen) immer in Richtung Pazifik. Dezenter Hinweis: Cattenom liegt nicht am Meer. Eine Katastrophe wie in Tschernobyl hätte Abertausende von Todesopfern zur Folge. In der vergleichsweise dünn besiedelten weiteren Umgebung von Tschernobyl rechnet Fachleute bis heute mit ca. 100.000 Toten als direkte Folge.
    Und da ist noch nicht einmal das (im wahrsten Sinn des Wortes) Totschlagargument der nach wie vor drohenden Proliferation berücksichtigt: Nach einem „kleinen“ Atomkrieg z.B. zwischen Indien und Pakistan oder in wenigen Jahren, wenn die sich abzeichnende Entwicklung weitergeht, zwischen Iran, Saudi-Arabien und Israel mit je ca. 50 Atombomben auf beiden Seiten ist die Klimakatastrophe final gelöst: Dann haben wir einen mehrere Jahre dauernden Nuklearen Winter.
    Du hast recht, dass „Kohle“ keine Lösung sein kann, „Atom“ aber noch weniger.

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