„Sie fordern andere Mittel, um den Frieden in Europa wiederherzustellen“
Grüne Linke bei der BDK in Wiesbaden
Menschen in Shirts mit Friedenstaube und „Diplomatie jetzt!“, im Grünen-Schrifttyp der 80er-Jahre. Bundesdelegiertenkonferenz in Wiesbaden im November 2024. Wir haben unter enorm schwierigen Bedingungen alle dazu herausgefordert, sich zum Gegensatz von echt grün und olivgrün zu verhalten. Und sind dabei auch medial in Erscheinung getreten.
Schon vor dem Parteitag berichtete der FOCUS
Im Vorfeld berichtete der FOCUS über einige unserer Änderungsanträge zum Programmentwurf. Über eine menschliche Asyl- und Migrationspolitik und mehr Debatte auf Parteitagen. Über eine stärkere Trennung von Amt und Mandat und über ein „Kompetenzteam“ anstelle eines Kanzlerkandidaten. Über die Forderung nach einer Debatte um das Für und Wider eines Verbleibs in der Ampel-Koalition. Die hatte sich bis zur BDK bereits erledigt. Überschrieben war der Beitrag mit: „Beim Grünen-Parteitag droht ein Basis-Aufstand“.
Der blieb zwar eindeutig aus, doch aus dem „kleinen grünlinken Dorf“ heraus durchbrachen wir zeitweise die von der Parteitagsregie angestrebte Geschlossenheit. Und zwar so, dass klar wurde, dass diese Eintracht für alles Mögliche steht, nur nicht für Frieden, Freiheit und Menschenrechte weltweit.
In der Tagesschau gegen Personenkult und Kriegskurs
Gleich am Freitag in der 20-Uhr-Tagesschau (09:15-10:10) setzte Lene Greve im Friedens-T-Shirt Personenkult und Kriegskurs ein pointiertes Statement entgegen: „Ich glaube, dass weniger die Personen die wichtige Rolle spielen, sondern ob wir eigentlich mal Schritte zum Frieden gehen und zu Deeskalation und das ist egal wer das macht.“
Die Basis kam bei PHOENIX zu Wort
PHOENIX übertrug die Bewerbungsreden auch der Kandidierenden aus der Basis: Susanne Bauer und Philipp Schmagold kandidierten für den Bundesvorsitz, Klemens Griesehop für die Politische Geschäftsführung. Claudia Laux trat für das Amt der Schatzmeisterin an und Tabitha Elkins kandidierte als stellvertretende Bundesvorsitzende.
In der Aussprache über die aktuelle Lage hat die Parteiprominenz viel von angeblicher Bedrohung durch „innere und äußere Feinde“ gesprochen. In ihren gesetzten Beiträgen ging es um russische Desinformation und hybride Kriegsführung autoritärer Regime, namentlich Russland und China.
Mit Angstmache und Propaganda „im eigenen Land“ Kriegsbereitschaft herstellen, dagegen wandte sich Sabine Hebbelmann in einem zufällig gelosten Beitrag. Die Redeboxen waren übervoll. Sie machte klar, dass von Kriegen nur wenige profitieren, aber viele darunter zu leiden haben.
Der SPIEGEL über die Partei der Rebellen
Sabines kurze Rede fiel so aus dem Rahmen, dass sie viele Zuschriften bekam. Aber auch SPIEGEL-Reporterin Barbara Supp wurde darauf aufmerksam: „Spärlicherer Beifall geht eigentlich gar nicht …“ (Nr. 50 / 7.12.2024, Bezahlschranke). So die Reaktion der Delegierten auf die im Redebeitrag erhobenen Forderungen nach einem „kühlen und kritischen Kopf“ und „Diplomatie – jetzt!“. Die nahm sie als Einstieg für ihren aus der „Ich“-Perspektive geschriebenen dreiseitigen Beitrag.
Dem „spärlichen“ setzte sie den „ordentlichen“ Beifall gegenüber, den die Delegierten dem langjährigen Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger zollten. Der sagte, er ziehe den Hut vor dieser Partei. Sie habe nicht nur sich selbst verändert auf dem langen Weg, sondern auch die Gesellschaft.
Auf „frühen grünen Parteitagen“ sei er wohl „herzlich unwillkommen“ gewesen, schreibt die Journalistin, die sich aus einer friedenspolitischen Perspektive schon länger mit den Grünen beschäftigt.
Im Text sucht sie zu ergründen, wie sich die einstige Friedenspartei so wandeln konnte. Das oberste Ziel sei Regierungstauglichkeit gewesen, bemerkt die Journalistin. Sie weiß: „Ohne Schulterschluss mit dem Koalitionspartner SPD unter Gerhard Schröder, ohne Schulterschluss mit den USA und der Nato, ohne ein Ja zum Nato-Krieg im Kosovo (einem Einsatz ohne Uno-Mandat), hätte es keine Grünen in der Regierung gegeben“.
Auch interessant: ihre Wahrnehmung des Kanzlerkandidaten. „Er blickt von dieser Bühne herab, spricht mit gesenkter Stimme, ja, er ist ein Mensch, auch er. Die Botschaft dahinter aber ist Erhöhung: Ich bin so groß, dass es erstaunlich ist, dass ich ein Mensch bin wie ihr.“
Unter den Änderungsanträgen, welche die Parteitagsregie wieder weit nach hinten schob, nannte sie einen, den Franz Krause für die Grüne Jugend einbrachte: „Doch, die Kritischen haben etwas mitgebracht. Sie wollen die Schuldenbremse nicht reformieren, sie wollen sie abschaffen.“ Und ausgerechnet der ‚Linke‘ im neu gewählten Parteivorstand, Felix Banaszak spreche dagegen …
Der Artikel endet mit der „überraschend gut gelaunten“ Sabine Hebbelmann, die der Reporterin am Telefon sagte: „Vielleicht konnte ich mit meinem Auftritt ja auch anderen Mut zum Widerspruch machen.“
Die Berliner Zeitung nennt uns marginal, aber lautstark
Unter dem Label „marginal aber lautstark“ beschäftigte sich die Berliner Zeitung mit unserer Präsenz. Sie fragte im Titel: „Wie einig sind sich die Grünen in der Ukraine-Frage?“.
So beobachtet Autor Len Sander: „Nur in den Änderungsanträgen und am Rande mancher Positionswahlen melden sich wiederholt Stimmen aus der Basis zu Wort, die sich skeptisch zur dominanten Haltung der Partei zum Ukrainekrieg äußern.“
Er berichtet über die Reaktion auf einen Änderungsantrag von Svenja Horn, welche die mit dem Krieg in der Ukraine legitimierte Aufrüstung Deutschlands als massive Umverteilung von Investitionen in zivile Entwicklung hin zur Finanzierung von Panzern, F35-Bombern und Munition kritisierte. Ihre Forderung: „Diese Ressourcen wollen wir umwidmen, um die sozial-ökologische Transformation voranzutreiben, statt die Gewinne der Rüstungsindustrie zu mehren.“
Zitiert wird aus der Gegenrede der sicherheitspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion Sara Nanni. Die stellte unmissverständlich die olivgrüne Position klar: „Im Baltikum und in der Ukraine wissen die Leute, wer die grüne Partei ist“, und: Die militärische Ukraine-Unterstützung komme „aus tiefstem Herzen“.
Der Autor nahm nicht nur unsere „lauten Stimmen gegen die Mehrheitsmeinung“ wahr, sondern unterhielt sich auch angeregt mit unserem Mitstreiter Hans Schmidt. „Wir sind nicht zufrieden mit der Militarisierung, mit dem Militärsprech“, zitiert er den Kommunalpolitiker vom Ortsverband Wolfratshausen im Friedens-Shirt.
Etwas trotzig wirkte die Behauptung von Agnieszka Brugger, die sich durch einen weiteren unserer Änderungsanträge herausgefordert sah. „Wir sind und bleiben eine Friedenspartei!“, so die Bundestagsabgeordnete. Der Kommentar des Journalisten: „Dem würden vermutlich auch Hans Schmidt und seine randständigen, aber lautstarken Mitstreiter zustimmen – nur fordern sie andere Mittel, um den Frieden in Europa wiederherzustellen.“
Ein Zusammenschnitt von Redebeiträgen findet sich unter dem Reiter „Auf Sendung“ auf unserer Homepage.
Durch das Verteilen von Postkarten mit der Forderung „Diplomatie Jetzt!“ (und UGL-Infos samt Einladung zum Treffen auf der Rückseite) haben wir die Delegierten herausgefordert, sich zu dem Thema zu verhalten und auch miteinander ins Gespräch zu kommen.