Verteidigt das KSG: Stellungnahme zu Reaktionen auf unseren offenen Brief

Im Folgenden dokumentieren wir unsere Antwort, die wir an Ingrid Nestle, ihren Mitarbeiter Dr. Gilbert Sieckmann-Joucken und den Infodienst der Bundestagsfraktion geschickt haben. Link zum Brief der Bundestagsfraktion.


Lieber Gilbert, liebe Ingrid,

wir finden es sehr schade, dass Ihr in Eurer Antwort nicht auf unseren offenen Brief eingeht. Wir finden, Ihr weicht uns aus.

Die Entscheidung, dem Gesetz zuzustimmen, halten wir jedenfalls weiterhin für unverantwortlich.

Besonders dramatisch finden wir, dass Ihr uns in Eurer Antwort diese Novelle als gelungen verkaufen wollt. Was sie aus grüner Sicht ganz offensichtlich nicht ist. Die Kritik von uns, dem Expertenrat, den Verbänden, der Öffentlichkeit verhallt ungehört an der Bundestagsfraktion.

Nun zu einigen Passagen/Punkten in Eurem Brief – Statements aus Eurem Brief in kursiv, unsere Antworten in Normalschrift.

Zitat: „Aus unserer Sicht ist es entscheidend, wie wir als Bundesrepublik insgesamt und gemeinsam die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaziele verbindlich erreichen. Das ist mit der Reform des Klimaschutzgesetzes aus heutiger Sicht sichergestellt.“

Dieses Gesetz stellt nicht einmal die Konformität mit dem Effort Sharing Regulation (EU-Klimaschutzverordnung) sicher, geschweige denn die Einhaltung der Klimaziele 2030. Es droht krachendes Verfehlen, da eine Kurskorrektur durch Maßnahmen vermutlich frühestens 2026 stattfinden wird und bereits absehbare Verfehlungen bei Verkehr und Gebäude trotz ex-ante Betrachtung nicht schon heute korrigiert werden. Ab Periode 2024 drohen dann auch bereits Ausgleichszahlungen nach dem EU Effort Sharing Mechanismus, wie ihr zu Recht feststellt. Nur beugt das Gesetz gerade dem nicht vor. Es ist blind für diesen Sachverhalt. Die Einhaltung der Klimaziele ist weniger denn je sichergestellt. Ihr tragt dafür Mitverantwortung.


Zitat: „Mit der Novellierung des KSG bleibt der Verkehrssektor in politischer und rechtlicher Verantwortung.“

Das ist doch offensichtlich falsch. Das neue KSG verlangt eben gerade nicht Maßnahmen in dem Sektor, der die Ziele verfehlt, so wie Ihr behauptet. Es gibt keine rechtliche Verantwortung für ein Ministerium, noch nicht einmal für die Bundesregierung, ein Sektorziel einzuhalten. Wir bitten um Textbeleg.


Zitat: „Dieser Nachsteuerungsmechanismus ist ebenso verpflichtend für die Bundesregierung und damit genauso einklagbar wie der vorherige Mechanismus des alten KSG.“

Das ist richtig. Die Novelle ist hier genauso schlecht wie bisher schon. Das Einklagen von Zielen durch Bürger*innen schließt das KSG alt/neu explizit aus. KSG §4 (1) nF: „… Subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen werden durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nicht begründet.“ Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage durch die Deutsche Umwelthilfe bejaht, aber ob sich das Bundesverwaltungsgericht dem anschließt, ist unklar. Ihr täuscht hier ein starkes Klagerecht vor.


Zitat: „Wir haben durchgesetzt, dass die bestehenden Sektorziele nach wie vor jedes Jahr überprüft werden. Es wird weiterhin sehr deutlich zu sehen sein, welche Bereiche zu viele Emissionen ausstoßen. Und genau diese müssen zuallererst Maßnahmen aus ihren Ressorts benennen, wenn Deutschland seine Gesamtziele reißt.“

Das ist unrichtig, die Sektorenziele werden nicht überprüft. Es wird nur die Einhaltung des Gesamtzieles überprüft. Die Sektorendaten werden nur im Projektionsbericht dargestellt. Eine Fortschreibung der Sektorenziele über 2030 hinaus sieht das Gesetz noch nicht einmal vor. Eure Beschreibung ist irreführend. Im Gegenteil ist sogar neu hinzugekommen, dass die Bundesregierung das Recht hat, die Jahresemissionsmengen der Sektoren einfach zu ändern, z.B. zu erhöhen, sodass gar keine Verfehlung vorliegt. §8 (2) nF. Die Verbindlichkeit der Ziele für die Bundesregierung ist dramatisch reduziert. Hier wird dem Zahlentuning Tür und Tor geöffnet.


Zitat: „Die genauen Auswirkungen aller Klimaschutzmaßnahmen und -gesetze müssen im Laufe der Zeit immer wieder auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden. Dafür werden wir sorgen.“

Daran werden wir Euch messen. Wir haben Zweifel, nachdem Ihr diesem Gesetz Eure Zustimmung gegeben habt, ob Ihr für eine Verschärfung – falls notwendig – sorgen könnt. Ihr hättet jetzt Nein sagen sollen.

Zum Schluss: Das Klimaschutzgesetz wurde der GroKo 2019 mit massivem öffentlichen Druck abgerungen und 2021 noch einmal durch Verfassungsgerichtsurteil verschärft. Eine ganze Generation hat dafür gekämpft. Ihr habt dieses wegweisende Gesetz nun entkernt und wirkungslos gemacht.

Mit grünen Grüßen
Mario Hüttenhofer und Karl-Wilhelm Koch

 

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