Beschluss der Landesmitgliederversammlung der
Grünen Jugend Hessen am 18. und 19. Mai 2001 in Frankfurt am Main
Gebrochener Konsens war nie grünes Programm
Die Grüne Jugend fordert:
1. Der Atomkonsens war nie und ist nicht Ziel der Grünen und
insbesondere der Grünen Jugend. Sie wird bei allen gegenteiligen
Äußerungen ihre Position offen vertreten.
2. Atomkonsens wird von Atomindustrie und Bundesregierung im Sinne
der Atomindustrie gebrochen. Die GJH wird bei gegenteiligen Äußerungen
auch hier ihre Auffassung offensiv vertreten.
3. Die GJH kämpft für einen schnellstmöglichen Ausstieg.
Sie unterstützt alle gewaltlosen Aktivitäten, die helfen,
den Ausstieg aus der Atomenergie zu beschleunigen und tritt weiterhin
für eine Zusammenarbeit zwischen Grünen Strukturen und dem
Anti-Atomwiderstand ein.
Begründung:
Die Sonder - LMV der Grüne Jugend Hessen am 25.6.2000 in Frankfurt
hat mit knapper Mehrheit beschlossen, den zwischen Atomindustrie und
Bundesregierung geschlossenen so genannten Atomkonsens hinzunehmen.
Aus unserer damaligen Sicht heraus erschien es der LMV als einzig logisch,
die unzureichende Vereinbarung zu akzeptieren. Die Befürchtungen
der damaligen Minderheit, haben sich vielfach bestätigt. Es ist
zu konstatieren, dass ein Konsens zwischen den Menschen, die diese Bundesregierung
vorgibt, zu vertreten, und der Atomindustrie nicht existiert.
Eine Vereinbarung, die schon vor ihrer Unterzeichnung mehrfach gebrochen
wird - und zwar von der Bundesregierung im Sinne der Atomwirtschaft
- ist die Tinte nicht wert, mit der sie unterzeichnet wird.
In norddeutschen Atomkraftwerk Stade werden neuerdings in den Plätzen
im Abklingbecken, die laut Atomgesetz für eine Notabschaltung immer
frei gehalten werden müssen, abgebrannte Brennelemente gelagert.
Wer glaubt, es handele sich hier um einen klaren Verstoß des Betreibers
gegen das Atomgesetz, hat teilweise recht. Dieser unfassbare Missstand
geschieht mit Genehmigung durch das Bundesamt
für Strahlenschutz, namentlich dessen grünen Präsidenten
Wolfram König, demgegenüber der grüne Umweltminister
weisungsbefugt ist. Was in Stade passiert, ist die Aufweichung von Sicherheitsvorschriften
zur Garantie des Weiterbetriebs des maroden Reaktors. Das alles unter
grüner Regentschaft, eindeutig gegen den Inhalt des s.g. Konsens.
Zynisch ist die Behauptung führender Parteigrüner, es gebe
einen
Atomausstieg, der genau dem entspreche, was die Grünen immer schon
forderten. Zynisch sind die
Äußerungen, die sich Anti-Atom-Aktivisten in und rund um
die Bundestagsdebatte zu dem Ende März durchgeführten CASTOR-Transport
ins s.g. Zwischenlager in Gorleben anhören mussten Dort würdigten
grüne Spitzenpolitiker den fairen Einsatz von Polizei
und Bundesgrenzschutz im Wendland. Wären diese Grünen vor
Ort gewesen, wüssten sie, mit welch menschenverachtender Gewalt
Polizei und BGS die Interessen der Atomindustrie in einer Unverhältnismäßigkeit
durchgeprügelt haben, die sich bei den Castoren unter schwarz-gelb
kaum in dieser Weise hat leisten können - wegen des drohenden parlamentarischen
Protests durch die rot-grüne Opposition.
Um das Maß voll zu machen, wurde mit den Stimmen der grünen
Bundestagsfraktion dieser Tage das neue G10-Gesetz verabschiedet, das
es den deutschen Geheimdiensten noch wesentlich erleichtert, systematisch
insbesondere Atomkraftgegner abzuhören und auszuspionieren. Dies
ist politisch falsch und rechtsstaatlich bedenklich, hat dich das Bundesverfassungsgericht
die Reform des G10-Gestzes mit der Forderung nach
mehr Kontrolle der Geheimdienste angemahnt und nicht die weitere Vermischung
von polizeilichen und nachrichtendienstlichen Zuständigkeiten bei
der Verfolgung politisch Andersdenkender, die ihrem Protest mit Mitteln
der Demokratie (BverfG zu Sitzblockaden, 10.1.1995) Ausdruck verleihen.
Bündnis 90/Die Grünen müssen akzeptieren, dass der Weg,
den die Partei für richtig hält, um die Atomkraftnutzung in
Deutschland endlich zu beenden, nicht der einzige ist: Es gibt in diesem
Land eine nach wie vor hochaktive
Anti-Atom-Bewegung, deren außerparlamentarische Widerstand für
eine parlamentarische Durchsetzung des schnellstmöglichen Atomausstiegs
bei anderem Verhalten von B90/Grüne Rückenwind statt
Wählerverlust sein könnte.
Die atompolitische Schmerzgrenze von B90/Grüne wurde von
BDK zu BDK höher geschraubt, der s.g. Atomkonsens wird mittlerweile
ohne Hemmungen las Ideallösung verkauft, die diese Partei schon
immer wollte. Dieses Vergehen ist heuchlerisch, verprellt die Mitglieder
und viele (z.T. mittlerweile ehemalige) WählerInnen und verhöhnt
deren (z.T. ehemalige) Ziele und Ideale.
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