Atompolitische Opposition bei den GRÜNEN
Kommentar: Strafe für die Ausstiegs-Lüge Von Harald Schumann So hatte sich Jürgen Trittin, der langjährige Anti-Atom-Kämpe und heutige Bundesumweltminister, die Feier des zentralen Erfolges grüner Politik wohl nicht vorgestellt. Da besiegelt die erste rot-grüne Bundesregierung nach einem jahrzehntelang erbittert geführten Kampf gegen eine als unverantwortbar angesehene Technologie endlich den Anfang vom Ende der Atomkraft, und nun das: Grüne Parteimitglieder, führende Funktionäre und ganze Landesverbände rufen bundesweit zum Protest gegen ein Ergebnis ebendieser Politik auf. "Atommülltransporte? - Nein danke!", schallt es vom grünen Basis-Volk in die Berliner Ministerien, und der Minister ist sauer. "Nicht klug" sei das und "politisch falsch", zetert Trittin. Schließlich sei die Verweigerung der Atommüllrücknahme aus Frankreichs Plutoniumfabrik La Hague "rechtlich unzulässig und politisch unakzeptabel", argumentiert Deutschlands führender Umweltpolitiker und wähnt die Vernunft auf seiner Seite. Doch diese Trittin-Version der grünen Atompolitik und ihrer Folgen ist nicht einmal die halbe Wahrheit. Tatsache ist: Der vermeintliche Ausstieg aus der Atomenergie findet bislang nicht statt. Nirgendwo ist definitiv erkennbar, ob es in den nächsten 20 Jahren überhaupt zu einer signifikanten Minderung des nuklearen Risikos kommen wird. Der Vertrag zum so genannten Atomkonsens, den Stromindustrie und Bundesregierung im vergangenen Juni schlossen, war ein bloßer Formelkompromiss, der nichts anderes enthält als einen für die Industrie komfortablen Bestandsschutz des nuklearen Status quo. Kein Atomkraftwerk wird vorzeitig abgeschaltet, es sei denn, die Reparaturarbeiten werden teurer als die zu erwartenden Erlöse aus der Stromausbeute. Nicht ein Gramm weniger Strahlenabfall wird produziert als ohnehin geplant. 70 Milliarden Mark steuerfreie Gewinne für die Atomstromer
Und selbst die für den Staatshaushalt extrem teure steuerliche
Begünstigung der Atomenergie bleibt weitgehend unangetastet. Gewinne
im Umfang von rund fünf Milliarden Mark können die Atomstromer Die Behauptung des grünen Umweltministers, es gebe "keinen
Grund" für Demonstrationen gegen die Castor-Züge nach
Gorleben, zeugt also bestenfalls von Ignoranz. Da lag Renate Künast,
die Parteichefin mit Wenn daher die grüne Basis und die Reste der Anti-Atom-Bewegung
nun ein weiteres Mal am schwächsten Punkt der Atombranche den Protesthebel
ansetzen und zur Transport-Blockade aufrufen, dann sollte das ihre Mitkämpfer
von einst im Berliner Regierungs- und Parteiapparat nicht wirklich überraschen.
Jetzt rächt sich vielmehr, dass die grünen Parteistrategen
fälschlich versuchten, ihre Loyalität ist keine Einbahnstraße. |