Energiewende atomkraftfreies Schwaben e.V. Pressemitteilung Der vergessene Jahrestag Heute sind 25 Jahren und ein Monat vergangen, dass in Gundremmingen sich der erste Großunfall im zudem ersten deutschen Groß-Kernkraftwerk ereignete. Das hat anfangs verleugnete aber noch lang anhaltende Folgen. Am 13. Januar 1977 kam es um 18:34 in einer der zwei abführenden Stromleitungen des AKW Gundremmingen Block A (1966 als damals erstes großes Kernkraftwerk Deutschlands in Betrieb gegangen, 237 MW elektrische Nettoleistung) durch Kälte und Rauhreif zu einem Kurzschluss. Als um 21:17 dasselbe in der zweiten der beiden Hochspannungsleitungen geschah, konnte das Kernkraftwerk seinen Strom nicht mehr ableiten. Da die Turbinenreglung auch noch falsch reagierte, wurde innerhalb von drei Sekunden mit einer Schnellabschaltung das AKW vollgebremst. Als hierbei auch die Reaktorreglung fehlerhaft arbeitete, kam es zum schnellen Druckanstieg und deshalb zur Dampfabblasung ins Reaktorgebäude. Etwa 200 Kubikmeter Dampf schlugen sich dort nieder, was zusammen mit vielen Kubikmetern Wasser aus der automatischen Sprinkleranlage zu einer drei bis vier Meter hohen Überflutung des Reaktorgebäudes führte. Zudem wurde der Bau kurzzeitig auf brisante 80 Grad aufgeheizt. Trotzdem ließ in einer ersten Information die Kraftwerksleitung verlauten, die technischen Prozeduren hätten "einwandfrei funktioniert. Die notwendige, doch unproblematische Wäsche" werde einige Wochen in Anspruch nehmen. In Wirklichkeit hatten beim Lastabwurf die Drehzahlverringerung der Turbine und die Automatik der Speisepumpe versagt. Ein Sicherheitsventilriß daraufhin vollkommen auf und fast alle anderen Sicherheitsventile wurden beschädigt. Fünf Wochen später, im Februar 1977, verkündete anlässlich des Besuchs des RWE Chefs die Werksleitung, das Kraftwerk sei entseucht und derartige Pannen zu vermeiden sei "technisch kein Problem mehr". Vermutlich könne im Sommer des Jahres das Werk wieder in Betrieb gehen. Im September 1977 hieß es, die Reaktorsicherheitskommission habe gegen die Wiederinbetriebnahme keine Bedenken. Das Bayerische Umweltministerium meinte jetzt, acht Monate nach dem Unfall, dass "vermutlich noch in diesem Jahr" der Betrieb wiederbeginnen würde. Die Bundesregierung genehmigte außerplanmäßig 40,7 Millionen Mark zur Abdeckung des Gundremminger Betriebsverlustes. Später sollen noch mal knapp 20 Millionen Mark aus Steuergeldern vom Bund an das AKW gezahlt worden sein. Das beim Unfall ins Reaktorgebäude gelangte radioaktive Wasser und radioaktive Gas wurden später unter behördlicher Kontrolle nach außen abgeleitet. Für diese Freisetzung wurden eigens Grenzwerte festgelegt, die dann eingehalten worden sein sollen. Allerdings wies im Mai und im September 1985 der Astrophysiker Peter Kafka vom Max-Planck-Institut in Garching darauf hin, dass in einem Gebiet östlich des Kernkraftwerks Gundremmingen in der Zeit von 1968 bis 1978 die Häufigkeit von Missbildungen bei Kindern nahezu doppelt so hoch gewesen sei wie im Landesdurchschnitt. Als nach dem Herbst 1977 bei näherer Untersuchung der Rohranlagen des stillliegenden AKWs viele Rohranrisse gefunden wurden, löste dies große Sorgen aus. Denn bis dahin glaubte man, die Rohre aus Spezialstahl wären zuverlässig dicht. Ein Auf- und dann gar Abreißen der Rohre würde zur unter allen Umständen zu verhindernden Kernschmelzkatastrophe führen. Die Genehmigungsbehörde verlangte außerdem auf Grund der Unfallerkenntnisse neue Sicherheitseinrichtungen. Im Januar 1980 teilten dann die Eigentümer dieses ersten deutschen Groß-AKWs, das nordrhein-westfälische RWE und das Münchner Bayernwerk, mit, das KKW endgültig stilllegen zu wollen. Insgesamt hatte die Anlage rund 15 Milliarden Kilowattstunden Strom
erzeugt und schon im Normalbetrieb ein Mehrfaches an Radioaktivität
abgegeben wie heute ein AKW. Die endgültige Beseitigung der abgebrannten
Brennelemente ist ungeklärt, da es weltweit hierfür kein Endlager
gibt.
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